17.12.2020
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Miettipp

Wohnen zu zweit, mieten besser allein

Wohngemeinschaften sind längst nicht mehr nur für Studis – heutzutage gründen Menschen jeden Alters WGs. Dabei gilt es einige Dinge zu beachten.

Barbara und Walter, beide berufstätig und Mitte fünfzig, sind seit einem Vierteljahrhundert ein Paar. Trotz gemeinsamen Kindern haben sie nie geheiratet. Zusammen bewohnen sie eine grosszügige Wohnung in der Thuner Altstadt mit Blick auf die Aare. Wie das Leben so spielt, gesteht Walter seiner Partnerin eines Abends, er habe sich in eine andere verliebt und werde bald ausziehen. Er werde morgen den gemeinsamen Mietvertrag kündigen. Doch so einfach geht das nicht. Auch im Liebesrausch muss sich Walter an den Mietvertrag halten. Diesen hat er nämlich nicht alleine unterzeichnet. Haben mehrere Parteien den Mietvertrag gemeinsam unterzeichnet, so müssen sie ihre Mietrechte auch gemeinsam ausüben. Das bedeutet, sie können nur gemeinsam kündigen. Barbara müsste die Kündigung also mitunterschreiben. Andernfalls wäre diese ungültig.

Die Krux mit dem gemeinsamen Mietvertrag

Zutiefst enttäuscht und gekränkt vom plötzlichen Beziehungsende hat Barbara eigentlich keine Lust, weiterhin mit ihrem Ex-Partner durch einen Mietvertrag verbunden zu sein. Was würde also dagegensprechen, dass sie die Kündigung einfach mitunterschreibt? Sie könnte ja mit dem Vermieter einen neuen Vertrag abschliessen. Dabei riskiert sie aber, dass dieser nicht darauf eingeht oder die Gelegenheit nutzt, um den Mietzins zu erhöhen. Auf diesen Deal müsste sie sich dann einlassen, wenn sie nicht neben ihrem Partner auch gleich noch ihr lieb gewonnenes Zuhause verlieren will.

Auch für Walter ist der gemeinsame Mietvertrag ein Klotz am Bein. Denn als Mitmieter haftet er solidarisch für den Mietzins sowie für andere Geldforderungen aus dem Mietverhältnis. Sollte seine Ex-Partnerin den Mietzins einmal nicht mehr bezahlen können, kann der Vermieter das Geld von ihm einfordern. Anstatt Trübsal zu blasen, wenden sich Barbara und Walter an ihren Vermieter. Dieser hat Verständnis für die Situation. Er bietet Barbara an, den Mietvertrag ohne vorangehende Kündigung unverändert auf sie alleine umzuschreiben.

Mehr Flexibilität dank Untermiete

Der Partner weg, die Kinder längst ausgeflogen – Barbara fühlt sich etwas einsam in dieser viel zu grossen Wohnung. Ausserdem geht die volle Miete ordentlich ins Geld. «Komm, wir gründen eine WG», schlägt ihre beste Freundin Lisa vor, als ihr Barbara ihr Leid klagt. Thun sei eine tolle Stadt, sie könnten gemeinsam kochen und würden ausserdem eine Menge Geld sparen. «Ja, wieso eigentlich nicht?», denkt sich Barbara. Allerdings hat sie aus der Vergangenheit gelernt. Aller Freundschaft zum Trotz möchte sie alleinige Hauptmieterin der Wohnung bleiben. Sie bietet Lisa deshalb einen Untermietvertrag an. Sollte das WG-Leben Lisa doch nicht behagen, kann sie diesen einfach wieder kündigen. Der Fortbestand des Hauptmietverhältnisses würde dadurch nicht gefährdet. Mit einer solchen Untermietkonstruktion wären die beiden Freundinnen allerdings nicht ganz gleichberechtigt. Barbara könnte als Hauptmieterin ihrer Untermieterin einseitig kündigen und Lisa müsste wieder ausziehen – vorausgesetzt, die Kündigung ist formell korrekt und nicht missbräuchlich. Anderseits geht Barbara mit der Untervermietung ein gewisses Risiko ein. Bezahlt Lisa ihre Miete nicht, schuldet Barbara ihrem Vermieter dennoch den gesamten Mietzins. Zusätzlich ist sie ihrem Vermieter gegenüber für Schäden verantwortlich, die ihre Untermieterin anrichtet. Natürlich könnte sie Lisa dafür belangen. Kann diese aber nicht bezahlen, bleibt Barbara auf dem Schaden sitzen. Darüber müssen sich Untervermieter*innen im Klaren sein. Trotzdem ist es oft empfehlenswerter, eine WG auf Untermietverhältnissen aufzubauen. 

Das Recht auf Untermiete

Können die beiden Freundinnen nun den Untermietvertrag abschliessen und die Sache ist geregelt? Nicht ganz. Gemäss Art. 262 OR hat Barbara zwar das Recht zur Untervermietung. Ein generelles Verbot im Mietvertrag wäre ungültig. Barbara muss dazu aber die Zustimmung ihres Vermieters einholen. Dieser darf seine Einwilligung nur aus ganz bestimmten, gewichtigen Gründen verweigern. Das könnte der Fall sein, wenn neben Lisa noch drei weitere Personen in Barbaras 3-Zimmer-Wohnung einziehen würden. In einem solchen Fall wäre die Wohnung deutlich übernutzt. Ein weiterer Verweigerungsgrund ist finanzieller Natur. Barbaras Vermieter hat das Recht, die Bedingungen der Untermiete zu kennen, insbesondere den Untermietzins. Er kann eine Kopie des Untermietvertrags verlangen. Rückt Barbara diese Information nicht raus, kann er die Zustimmung zur Untermiete verweigern. Dasselbe gilt, wenn Barbara ihren Vermieter zwar über die Bedingungen der Untermiete informiert, diese aber missbräuchlich sind. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Barbara mit der Untermiete Gewinn machen würde.

Der Untermietzins

Die beiden Freundinnen vereinbaren, dass Lisa neben einem Zimmer auch das Wohnzimmer, die Küche und das Badezimmer mitbenützen darf. Wie viel Miete darf Barbara dafür verlangen? Das hängt von der Zimmergrösse ab. Wenn beide Zimmer etwa gleich gross sind, ist etwa von der Hälfte des Mietzinses für die gesamte Wohnung auszugehen. Sind die Zimmer jedoch sehr unterschiedlich gross, ist der Mietzins nach Quadratmetern zu berechnen. Ob die Mietzinsberechnung angemessen ist, ist allerdings nur dann von Relevanz, wenn Barbaras Vermieter darauf achtet. Wie bereits erwähnt, kann er die Zustimmung zur Untermiete verweigern, wenn die Bedingungen missbräuchlich sind. Sind die Bedingungen der Untervermietung der Vermieterschaft egal, ist die Festlegung des Untermietzinses ausschliesslich Verhandlungssache zwischen Barbara und Lisa.

Mündlich ist gut, schriftlich besser

Mietverträge müssen nicht zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Ein Handschlag oder sogar Stillschweigen genügt grundsätzlich. Das gilt auch für Untermietverträge. Wenn Lisa bei Barbara einzieht und Mietzins bezahlt, gilt sie rechtlich als Untermieterin, mit allen gesetzlichen Rechten und Pflichten. Dennoch ist von mündlichen Vereinbarungen abzuraten. Denn bei rechtlichen Auseinandersetzungen lassen sich mündliche Abmachungen im Nachhinein praktisch nicht mehr beweisen. Der Mieterinnen- und Mieterverband bietet unter dem Top-Thema «Untermiete» Vorlagen für Untermietverträge an. Darin sind die wichtigsten Punkte geregelt.

Barbara teilt ihrem Vermieter die Bedingungen der Untervermietung mit. Dieser hat nichts dagegen einzuwenden, woraufhin die beiden Freundinnen einen schriftlichen Untermietvertrag abschliessen und sich in ihr WG-Abenteuer stürzen.

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