Drum prüfe, wer sich (vertraglich) bindet
Gemeinsam Wohnen bietet Vorteile. Doch Vorsicht: Eine gemeinsame Unterschrift unter einen Mietvertrag kann das traute Glück ziemlich trüben.
Anna Tschopp und Bruno Lengwiler sind ein Liebespaar. Sie wohnt in einer schmucken Altbauwohnung, er immer noch in seiner Studenten-WG. Dort teilt er die Wohnung mit Claudia und Daniel. Jetzt, nach einem erfolgreichen Abschluss des Studiums und dem geglückten Sprung in die Arbeitswelt, will Bruno bei seiner geliebten Anna einziehen. Doch der Vermieter ist davon nicht begeistert: Die Zweizimmerwohnung sei explizit als «Singlewohnung» ausgeschrieben und nur für eine Person bestimmt. Das stehe auch so im Mietvertrag, wendet er ein.
Damit liegt der Vermieter jedoch falsch. Eine Partnerin oder einen Partner bei sich aufnehmen zu können ist ein Persönlichkeitsrecht. Das lässt sich mietvertraglich nicht einschränken. Solange die Wohnung nicht überbelegt ist, kann der Vermieter den beiden das Zusammenleben nicht verbieten. Der Lebenspartner gilt auch nicht als Untermieter. Selbst dann nicht, wenn er sich am Mietzins beteiligt. Deshalb braucht es auch keine Zustimmung des Vermieters, wie dies bei der Aufnahme eines Untermieters gesetzlich erforderlich wäre.
Nun möchten Anna und Bruno ihre Liebe auch im Mietvertrag besiegeln. Sie wollen ihn gemeinsam unterzeichnen. Einen Anspruch darauf haben sie allerdings nicht. Der Vermieter muss zustimmen. Nachdem die anfängliche Skepsis verflogen ist, willigt dieser doch noch in einen gemeinsamen Vertrag ein. Für ihn bietet dies mehr Sicherheit, denn das Paar haftet dann solidarisch. Das bedeutet, dass er den gesamten Mietzins wie auch andere Geldforderungen aus dem Mietverhältnis jetzt auch bei Bruno einfordern kann. Und zwar auch dann, wenn dieser seinen Anteil am Mietzins bereits einbezahlt hat.
WG-Genossen: Gemeinsamer Mietvertrag oder Hauptmieter mit Untermietverhältnissen?
Dem Einzug in die gemeinsame Loge würde eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Wenn da nicht noch Brunos Untermietvertrag in der Wohngemeinschaft wäre. Die drei WG-Genossen waren eben clever: Vor der Gründung der WG haben sie sich gründlich mit den mietrechtlichen Folgen eines gemeinsamen Vertrags auseinandergesetzt. Dieser hätte zur Konsequenz, dass sie ihre Mietrechte gemeinsam ausüben müssten. Auch eine Kündigung wäre nur gemeinsam möglich. Wenn Bruno nun ausziehen will, könnte er deshalb nicht einfach alleine kündigen. Alle drei müssten die Kündigung mitunterschreiben, und der gemeinsame Mietvertrag wäre als Ganzes aufgehoben – selbst dann, wenn Claudia und Daniel noch weiter in der Wohnung bleiben möchten. Die beiden müssten mit dem Vermieter einen neuen Vertrag abschliessen.
Ein Recht darauf haben sie allerdings nicht. Eventuell haben die feuchtfröhlichen WG-Partys in der Nachbarschaft schon zu oft für rote Köpfe gesorgt. Eine Kündigung käme dem Vermieter deshalb sogar gelegen. Ein Vermieter, der auf Rendite aus ist, könnte von den verbleibenden WG-Bewohnern mit dem neuen Vertrag einen höheren Mietzins verlangen. Ohne vorangehende Kündigung bliebe ihnen einzig die Möglichkeit, den Vermieter zu bitten, den Mietvertrag auf sie beide umzuschreiben. Auch diese Variante hängt aber wiederum vom Goodwill des Vermieters ab.
Auch Untermieter müssen bei vorzeitigem Auszug einen Nachmieter stellen
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Flexibel und unkompliziert zu sein, das war den WG-Genossen immer ein wichtiges Anliegen. Ein gemeinsamer Vertrag kam für sie deshalb nicht in Frage. Claudia unterschrieb den Mietvertrag stattdessen alleine und schloss mit Bruno und Daniel je einen Untermietvertrag ab. In dieser Konstruktion sind die Mitbewohner aber nicht ganz gleichberechtigt. Claudia haftet allein für allfällige Mietzinsausstände. Käme es zu Streit – und damit muss man immer rechnen – könnte sie ihrem Untermieter einseitig kündigen. Dieses Recht steht aber auch Bruno zu. Mit einer termin- und fristgerechten Kündigung an Claudia kann er sich aus dem Mietvertrag befreien. Das Hauptmietverhältnis zwischen Claudia und dem Vermieter bleibt dabei unberührt.
Bruno kann es aber nicht schnell genug gehen. Er will endlich mit Anna zusammenziehen. Der nächste Kündigungstermin liegt noch in weiter Ferne, und Bruno will diesen nicht abwarten. Er kann sich vorzeitig von seinen mietvertraglichen Pflichten befreien, wenn er Claudia einen neuen Mitbewohner vorschlägt, der seinen Untermietvertrag zu den gleichen Bedingungen übernimmt. Dieser Nachmieter muss zumutbar und zahlungsfähig sein. In einer WG sind an die Zumutbarkeit natürlich höhere Anforderungen gestellt. Die vorgeschlagene Person muss zu den verbleibenden Wohngenossen passen.
Romantik hat in einem Mietvertrag keinen Platz
Nun geniessen Anna und Bruno endlich das gemeinsame Liebesglück in ihrer Wohnung. Aber wie das Leben halt so spielt – es währt leider nur kurz. Knapp ein halbes Jahr nach Brunos Einzug liegen sie sich bereits in den Haaren. An ein weiteres Zusammenleben ist nicht mehr zu denken. Bruno hat auch schon das Weite gesucht. Der gemeinsame Mietvertrag hindert ihn zwar nicht am Auszug. Trotzdem bleibt er aber in der bisherigen Wohnung Mitmieter. Anna hat ihm zwar zugesichert, dass sie künftig den gesamten Mietzins selber bezahlt. Diese Abmachung entbindet ihn jedoch nicht von der solidarischen Haftung.
Kommt Anna ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nach, kann der Vermieter auch Bruno zur Kasse bitten, Abmachung hin oder her. Und zwar für die gesamte Miete. Einfach kündigen kann Bruno nicht, denn dafür benötigt er Annas Unterschrift. Doch diese weigert sich, die Kündigung zu unterschreiben. Sie möchte ja schliesslich weiterhin in ihrer liebgewonnenen Wohnung bleiben. Eine Garantie, dass ihr Vermieter mit ihr wieder einen neuen Mitvertrag abschliesst, hat sie nicht. Claudia könnte den Vermieter anfragen, ob er bereit wäre, den Mietvertrag auf sie umzuschreiben. Doch auch dafür hat sie keine Garantie. Auch Brunos Lage ist ungemütlich. Solange Claudia nicht dazu bereit ist, eine Kündigung mitzuunterzeichnen oder der Vermieter zu einer Vertragsänderung Hand bietet, bleibt er im bisherigen Mietvertrag gefangen.
Als letzte Möglichkeit könnte Bruno gerichtlich gegen Claudia vorgehen. Und das Gericht könnte ihm helfen. Denn nach seinem Auszug ist Claudia grundsätzlich verpflichtet, spätestens auf den nächstmöglichen Kündigungstermin an der Auflösung des bisherigen Mietvertrags mitzuwirken. Doch dieses Verfahren ist kompliziert und nicht kostenlos. Letzten Endes würde Claudia ohne Mietvertrag dastehen. Ob sie dann in der Wohnung bleiben könnte, wäre abermals vom Goodwill des Vermieters abhängig. Bei aller Romantik sollte man es sich also gut überlegen, ob und mit wem man einen gemeinsamen Mietvertrag abschliesst.
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