Darf mir der Vermieter mein Haustier verbieten?
Ob Stubentiger, Schosshündchen oder Papagei: Viele Mietende lieben ihr Haustier sehr. Doch da redet der Vermieter ein Wörtchen mit.
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- Patric Sandri
Ein letztes Mal streichelt Patrick Steiner den Wuschelkopf seines Königspudels «Roy» und blickt in dessen treuselige Augen. Zwölf Jahre lang gingen sie durch dick und dünn. Steiners langjähriges Mietverhältnis wurde gekündigt. «Totalsanierung», verkündete die Verwaltung. Trotz unzähliger Bewerbungen fand Steiner erst im letzten Moment eine bezahlbare Wohnung. Leider nur für sich selbst: «Hundehaltung ist hier nicht erlaubt», erklärte der Vermieter kategorisch. Steiner bleibt nichts anderes übrig, als seinen vierbeinigen Gefährten im Tierheim abzugeben. Ein Wohnungswechsel ist einer der häufigsten Gründe, wieso Haustierbesitzer ihre Lieblinge ins Tierheim abschieben müssen.
Darf ein Vermieter die Tierhaltung überhaupt verbieten? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Namhafte Juristinnen und Juristen meinen nein, weil Tierhaltung ein unveräusserliches Persönlichkeitsrecht sei. Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht teilt diese Auffassung. Es entschied im Jahr 2013, dass Vermieter die Tierhaltung nicht ohne sachlichen Grund verbieten können. Hierzulande sind die Richter aber anderer Ansicht. Gemäss gegenwärtiger schweizerischer Rechtsprechung ist ein Tierhalteverbot im Mietvertrag verbindlich. Wer sich nicht daran hält, riskiert im Extremfall die Kündigung.
Eine einmal erteilte Einwilligung kann ohne triftigen Grund nicht widerrufen werden
Enthält der Mietvertrag keine Bestimmung über die Haustierhaltung, ist sie grundsätzlich erlaubt. Eine Ausnahme gilt für aussergewöhnliche Arten mit einem hohen Stör- oder Gefährdungspotenzial, wie etwa Papageien und Schlangen, oder für Haustiere, die in grosser Zahl gehalten werden. Gibt ein Tier im Einzelfall zu Klagen Anlass, so kann der Vermieter in jedem Fall dessen Entfernung verlangen. Im Normalfall hat er zuerst schriftlich zu mahnen, bevor er die definitive Beseitigung des Störenfrieds verlangt.
Die meisten Mietverträge verbieten die Tierhaltung nicht von vornherein, sondern machen sie von der Zustimmung des Vermieters abhängig. Dieser kann die Zustimmung zur Tierhaltung jedoch nach Belieben erteilen oder verweigern. Auch eine besondere Begründung ist nicht nötig. Holen Sie also unbedingt die Zustimmung vor der Anschaffung des Tieres ein. Ansonsten riskieren Sie, dass Sie Ihren neuen Mitbewohner gleich wieder weggeben müssen. Denn nicht jedes Vermieterherz erweicht beim Anblick eines putzigen Welpen. Eine einmal erteilte Einwilligung kann der Vermieter aber nicht ohne triftigen Grund widerrufen. Das wäre ein Verstoss gegen das Gebot von Treu und Glauben. Die Einwilligung zur Tierhaltung ist trotzdem kein Freipass. Gibt das Tier immer wieder zu Klagen Anlass, kann der Vermieter sein Einverständnis zum Wohl der übrigen Hausbewohner zurücknehmen.
Kleintiere sind erlaubt – auch wenn der Mietvertrag etwas anderes sagt
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Um über die Trennung mit Roy hinwegzukommen, will sich Patrick Steiner ein Meerschweinchen anschaffen. Gegen dieses kann der Vermieter nichts einwenden. Denn unproblematische Kleintiere wie Meerschweinchen, Hamster, Wellensittiche und Zierfische sind in jedem Fall erlaubt. Auch wenn die Tierhaltung im Mietvertrag ausdrücklich verboten wurde. Dies allerdings nur, solange die Tierchen nicht in grosser Anzahl gehalten werden und nicht zu Klagen Anlass geben. Steiner sollte aber bedenken, dass Meerschweinchen auf die Gesellschaft von Artgenossen angewiesen sind. Deshalb müssen sie von Gesetzes wegen zu zweit gehalten werden. Vorgeschrieben ist auch die Mindestgrösse einer Meerschweinchenbehausung. Für andere Heimtiere gelten ähnliche Vorschriften. Sie finden die erforderlichen Informationen dazu auf der Webseite des Bundesamts für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (www.blv.admin.ch). Unklar ist, ob auch Katzen als unproblematische Kleintiere gelten können, solange sie die Wohnung nicht verlassen. Wer seinen Stubentiger nicht hinauslässt, müsste den Vermieter demnach nicht um Erlaubnis fragen.
Als ihm die Nachbarin Verena Wolf stolz ihren Chihuahua-Rüden «Sugar» vorstellt, schäumt Patrick Steiner regelrecht vor Wut. Kann ihm der Vermieter die Hundehaltung verbieten, obwohl die Nachbarin auf demselben Stockwerk ebenfalls einen Hund hält? Seine Empörung über diese Ungerechtigkeit ist verständlich. Leider lässt sich rechtlich nichts dagegen tun. Denn im Mietrecht gibt es grundsätzlich kein Gleichbehandlungsgebot. Erschüttert über die traurige Geschichte von Roy macht sich Verena Wolf nun ihrerseits Sorgen um ihren Sugar. Denn auch in ihrem Mietvertrag ist das Halten eines Hundes ausdrücklich verboten. Als sie den niedlichen Welpen zum ersten Mal sah, hat sie sich darüber keinerlei Gedanken gemacht.
Eine Genehmigung kann auch stillschweigend erteilt worden sein
Könnte der Vermieter nun plötzlich verlangen, dass sie Sugar weggibt? Dies obwohl er keine Gelegenheit auslässt, um ihn zu knuddeln und mit Hundebiskuits zu verwöhnen? Nein, denn hier kann sich Verena Wolf auf das Gewohnheitsrecht berufen. Besitzen Sie als Mieterin oder Mieter seit längerer Zeit einen Hund, dürfen Sie ihn behalten. Dies jedenfalls, wenn der Vermieter oder der Liegenschaftsverwalter von Ihrem vierbeinigen Mitbewohner wusste. In einem solchen Fall spielt es keine Rolle, was im Mietvertrag steht oder ob der Vermieter die Hundehaltung ausdrücklich erlaubt hat. Das Tier gilt als stillschweigend genehmigt. Diese Genehmigung kann allerdings widerrufen werden, wenn der Hund zu Klagen Anlass gibt.
Viele Vermieter erlauben die Haustierhaltung deshalb nicht, weil die Rechte und Pflichten für die Tierhaltung nirgends genau geregelt sind. Wenn sie einmal Ja zu einem Tier gesagt haben, ist unklar, welche Regeln nun gelten. Hier kann der Vertragszusatz des IEMT Abhilfe schaffen: Das Institut für Interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (www.iemt.ch) hat Regeln erarbeitet, die sowohl die Interessen von Vermietern und Mietenden als auch das Bedürfnis der Tiere nach artgerechter Haltung berücksichtigen. Schlagen Sie deshalb Ihrem Vermieter diesen Vertragszusatz vor, wenn er mit der Erteilung der Zustimmung zögert.
Mit einem Tier zu leben und eine Beziehung zu ihm aufzubauen, ist zweifellos bereichernd. Auch Mietende sollten die Möglichkeit dazu haben. Zu bedenken ist allerdings, dass eine Mietwohnung nicht jedem Tier eine artgerechte Umgebung bietet. Echte Tierliebhaberinnen und -liebhaber verzichten deshalb eher einmal darauf, in ihrer Wohnung ein Tier zu halten.
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