08.04.2020
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MV  | 
Medienmitteilung

Corona-Krise: Untätigkeit des Bundesrates gefährdet die Rechte der Geschäftsmieter*innen

Der Bundesrat hat heute an seiner Pressekonferenz dazu aufgerufen, dass Geschäftsmieter*innen und Vermieter*innen von Lokalen, die aufgrund der bundesrätlichen Entscheide vom 16. März geschlossen wurden, für die Bezahlung der Mieten eine einvernehmliche Lösung suchen sollen. Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz (MV) kritisiert dieses Vorgehen scharf, denn damit übernimmt der Bundesrat die Position der Immobilienverbände und verschiebt die Probleme einfach. Die überwältigende Mehrheit der Mieter*innen ist in einer Verhandlung in der schwächeren Position und könnte durch eine schlechte Vereinbarung mit der Vermieterseite Ansprüche verlieren. Der MV fordert deshalb den Bundesrat auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und rasch für eine gesamtschweizerische Klärung zu sorgen, welche die in der Verfassung garantierten Rechte der Mieter*innen schützt. Angesichts der fehlenden Kooperation der Immobilienkreise, appelliert der MV zudem an die Mieter*innen, umgehend ihre Rechte wahrzunehmen und wenn nötig auch an die Gerichte zu gelangen.

Trotz geschlossenem Ladenlokal müssen die meisten KMU weiter die volle Miete zahlen. Einige Privatvermieter*innen sind den Kleingewerbler*innen zwar entgegengekommen. Gerade die grossen Immobilienfirmen aber machen kaum Anstalten, die Geschäftsmieten zu erlassen. Auch Verhandlungen auf höchster politischer Ebene zwischen der Vermieter- und Mieterseite haben bislang zu keinen Ergebnissen geführt. «Umso mehr ist der Bundesrat nun in der Pflicht, das Ruder in die Hand zu nehmen und rasch für eine gesamtschweizerische Klärung zu sorgen, welche die verfassungsmässig garantierten Rechte der Mieter*innen vollumfänglich schützt», sagte Carlo Sommaruga, Präsident des MV.

«Eine einvernehmliche Lösung klingt vielleicht vordergründig gut, die Immobilienfirmen sitzen in einer solchen Verhandlungssituation jedoch eindeutig am längeren Hebel und könnten dieses Kräfteungleichgewicht zuungunsten der Mieter*innen ausnutzen. Viele Mieter*innen werden sich aus Angst, die Geschäftsräumlichkeiten zu verlieren, nicht getrauen, ihre berechtigten Forderungen zu stellen», so Sommaruga. Viele Mieter*innen seien zudem aufgrund der fehlenden Informationen des Bundesrates und der juristischen Falschinformationen der Immobilienkreise verunsichert.

«Es kann nicht sein, dass jede Mieterin und jeder Mieter eines Geschäftslokals individuell mit seiner Vermieterin oder seinem Vermieter eine Lösung verhandeln muss», ergänzte Sommaruga. Der MV ist, gestützt auf ein Rechtsgutachten, nach wie vor der Ansicht, dass die Geschäftsmieten von Lokalen, die wegen den Corona-Massnahmen geschlossen werden mussten, während der Zeit der Schliessung nicht geschuldet sind.

Angesichts der fehlenden Kooperation der Immobilienkreise, ruft der MV alle betroffenen Geschäfts-Mieter*innen dazu auf, bei ihrem Vermieter formell den vollständigen Erlass ihres Mietzinses zu beantragen und sich, wie auch immer der Vorschlag des Vermieters aussieht, unbedingt bei der regionalen Rechtsberatungsstelle des MV oder bei einem Branchenverband (z.B. GastroSuisse) beraten zu lassen. Auf alle Fälle sollen eventuelle Vereinbarungen mit der Vermieterseite von der Rechtsberatungsstelle überprüft werden, bevor die Mieterin/der Mieter diese unterzeichnet.