Sie weiss, was Mietpolitik heisst

Lange ins Dossier Mietpolitik einarbeiten muss sie sich nicht. Natalie Imboden (47) ist schon seit vielen Jahren mit Mieterfragen beschäftigt. Vor wenigen Tagen ist sie in die Geschäftsstelle des SMV an der Monbijoustrasse in Bern eingezogen. Als Nachfolgerin von Generalsekretär Michael Töngi, der in die Politik wechselt. Beim 70-Prozent-Pensum bleibt genug Zeit, um weiterhin im Berner Grossen Rat zu politisieren, dem sie seit bald acht Jahren angehört. Zuvor war sie ein Jahrzehnt im Berner Stadtparlament aktiv. Bald zwanzig Jahre in der Politik – Natalie Imboden weiss, wie man Interessen nachhaltig vertritt.

Davon wird der SMV profitieren. Imboden kennt die Mieterbewegung von innen. Sie ist nämlich Präsidentin der MV-Regionalgruppe Bern und Umgebung. Im Gespräch mit M+W kommen wir schon bald auf das Thema Wohnbauförderung und bezahlbare Wohnungen. Das Anliegen ist auch in Bern höchst aktuell. «Wir haben vor sieben Jahren mit Erfolg eine Volksinitiative lanciert », sagt Imboden. Diese verpflichtet die Schweizer Hauptstadt, bei Neu-, Umund Aufzonungen einen Anteil von 30 Prozent für zahlbare Wohnungen zu reservieren. Das Volk stimmte mit über 70% zu. Einsprachen des Hauseigentümerverbands verhinderten aber bisher eine Umsetzung des Volksbegehrens.

Auch in Köniz, Burgdorf, Thun und Spiez war der MV mit Vorstössen für mehr bezahlbaren Wohnraum aktiv. Dank Natalie Imboden ist das Thema im Berner Grossen Rat deponiert. «Ein hartes Pflaster», sagt sie über die eher konservativ gestimmte Mehrheit. Immerhin will jetzt die Regierung bei der BLS anklopfen, wo der Kanton Hauptaktionär ist. Die Bahn besitzt genau wie die SBB viele Grundstücke an zentralen Lagen, die sich für günstigen Wohnraum eignen. Imboden hatte verlangt, dass die BLS solche Standorte für den gemeinnützigen Wohnbau freigibt. Eine Rüge des Bundes, dass Bern in dieser Hinsicht mehr tun müsse, brachte den nötigen politischen Rückenwind.

Natalie Imboden kommt von der Gewerkschaft Unia, wo sie viele Jahre für den Dienstleistungsbereich zuständig war. An die Stelle der Arbeitnehmenden treten jetzt die Interessen der Mietenden. Imboden beginnt ihren neuen Job in einer bewegten Phase. Einerseits läuft die Volksinitiative des MV, die demnächst in die parlamentarische Beratung kommt. Anderseits muss sie die Attacke der Immolobby auf das Mietrecht parieren. Da steht das Prinzip der Kostenmiete und damit ein rechtlicher Grundpfeiler auf dem Spiel. Das sieht nach viel Arbeit aus. «Es ist im Moment sehr spannend», freut sie sich auf die neue Tätigkeit. Bereits hatte sie ihren medialen Einstand im «Blick» mit einem grösseren Interview. Dass sie in ihrer neuen Funktion als Generalsekretärin des SMV mit Arbeitsplatz in Bern nicht zu pendeln braucht, ist ein angenehmer Begleitumstand. Natalie Imboden wohnt in Bern in einer selbstverwalteten Mietergenossenschaft. Sie weiss nicht nur vom Schreibtisch her, was genossenschaftliches Wohnen bedeutet.