Sozialämter schreiten gegen Miethaie ein
Bern will nicht länger zuschauen, wie Miethaie Sozialhilfeabhängige abzocken. Zürich gibt sich zurückhaltender.
Einer ist inzwischen berüchtigt: der Zürcher Urs Tschenett. Er vermietet an der Bucheggstrasse in Zürich in drei Häusern Wohnungen und Zimmer an Personen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, vor allem Asylbewerber. Regelmässig geht er bei den Mieten ans Limit: Sie sind meist genau so hoch, wie das Sozialamt maximal zahlt. So kostet ein Zimmer tausend Franken. Zimmer? Oft verdienen diese «Schlüffe» diese Bezeichnung gar nicht. Laut Medienberichten überweist ihm die Stadt bzw. die zuständige Asylorganisation monatlich rund 40'000 Franken für Logen, die vernachlässigt, heruntergekommen und mit Schimmel bedeckt sind. Kein Einheimischer würde in solchen «Löchern» wohnen.
Tschenett findet, er nütze Asylbewerber nicht aus und verteidigt sich damit, dass in der Miete die hohen Unterhaltskosten eingeschlossen seien. Gerade von Unterhalt ist aber wenig zu sehen. Und Tschenetts Verhalten straft ihn selber Lügen. Wie die Online-Plattform Watson schreibt, hat er den Mietpreis für eine 8 Quadratmeter grosse Kammer in einer 5-Zimmerwohnung von bisher 900 Franken sofort auf 1'100 Franken erhöht, bloss weil die darin lebende Somalierin ein Kind gebar. Für zwei Personen sei das Zimmer teurer als nur für eine. Die Asylorganisation weigerte sich aber, den unverschämten Aufschlag zu zahlen. Worauf der Vermieter die Somalierin mit Zahlungsaufforderungen und schliesslich mit einer Betreibung eindeckte.
Bern und Dietikon werden aktiv, Zürich krebst zurück
Von solchen krassen Missbräuchen berichten auch andere Sozialämter. In Dietikon hatte der Sozialvorsteher Roger Bachmann (SVP) genug von einem Miet-Abzocker, der Einzelzimmer mit 12 Quadratmetern für 930 Franken pro Monat an Flüchtlinge vermietet. Er zeigte den Vermieter wegen Wucher an. Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft. Jetzt sind auch andere Sozialämter erwacht: Nahmen sie früher solche Missbräuche zähneknirschend hin, beginnen sie sich zu wehren. So hat Felix Wolffers, Chef des stadtbernischen Sozialamts, Weisungen erlassen, wonach zusammen mit den Klienten Mieten angefochten bzw. jetzt Mietsenkungsgesuche eingereicht werden.
In Zürich will man auf Massnahmen dieser Art verzichten. Kündigte Raphael Golta (SP) in der Rundschau noch die Prüfung von Strafanzeigen an, krebste Zürichs Sozialvorsteher zurück. Laut «Tages-Anzeiger» kam das Departement zum Schluss, dass eine Anzeige gegen Vermieter von Problemliegenschaften nicht das wirksamste Mittel sei: «Wenn ein Vermieter als Reaktion auf eine Strafanzeige reihenweise Leute auf die Strasse stellt, haben wir das Problem nicht gelöst, sondern nur verschärft.» Zürich versucht nun, mit verstärkten und unangemeldeten Kontrollgängen, Vermieter von Gammel-Liegenschaften stärker in die Pflicht zu nehmen. Ziel ist, dass Mängel wie Schimmel, Feuchtigkeit und Schädlinge beseitigt sowie Warmwasser und Heizungen in Stand gehalten werden. Mit dieser Pflästerchenpolitik will Golta wenigstens verhindern, dass sich die Situation verschlimmert.
Mieterverband sieht Raum für Handlungspotential
Das Problem liegt darin, dass die Sozialämter, welche die Mieten für ihre Klienten zahlen müssen, nicht selber Vertragspartner mit den Abzocker-Vermietern sind. Diese schliessen den Mietvertrag mit den Sozialhilfeabhängigen direkt ab. Und haben dabei leichtes Spiel, weil Asylbewerber nicht in der Lage sind, sich zu wehren, und im übrigen auch darauf angewiesen sind, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Sie können keine Kündigung riskieren. Die Sozialämter können nur indirekt handeln. «Dennoch sind Druckmittel da», hält MV-Rechtsspezialist Ruedi Spöndlin dagegen. Die Sozialämter könnten sich per Vollmacht zum Handeln ermächtigen lassen und dann konsequent die Möglichkeiten des Mietrechts gegen Abzockerei ausschöpfen, findet er. «Das Sparpotenzial für den Staat ist gross.» (Siehe auch Interview mit Irène Spirig). Wie lange also können Abzocker-Vermieter noch ihr Spiel treiben?
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