15.10.2024
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MV  | 
Medienmitteilung

2 x Nein zur Schwächung des Mieterschutzes

Mit den geplanten Revisionen bei Untermiete und bei dringendem Eigenbedarf greift die Immobilien-Lobby unter dem Lead von Hauseigentümerverband HEV und bürgerlichen Parteien den Mieterschutz erneut an. Ziel ist: Einfacher kündigen, um die Wohnung teurer zu vermieten. Dabei zahlen Mietende bereits heute jeden Monat durchschnittlich 360 Franken zu viel. Ein breites Komitee rund um den Mieterinnen- und Mieterverband MV legte heute in Bern vor den Medien dar, welche drastischen Folgen diese beiden Vorlagen für die 63 Prozent der Mieterhaushalte hätten.

42 Milliarden Franken Miete werden in der Schweiz jährlich bezahlt. Damit ist der Mietwohnungsmarkt der grösste Markt der Schweiz. Und er ist hoch profitabel – auch weil der Mieterschutz schlecht greift. Die Mieten machen durchschnittlich mehr als einen Viertel der Haushaltausgaben aus, das ist mit Abstand der grösste Posten.

10,6 Milliarden jährlicher Kaufkraftverlust der Mieterinnen und Mieter

Allein seit 2005 sind die Mieten in der Schweiz um 24,8 Prozent gestiegen. Angesichts von Hypothekarzinsentwicklung und Inflation hätten sie gemäss Bundesamt für Statistik im selben Zeitraum um 5,3 Prozent sinken müssen. Gleichzeitig übernehmen renditegetriebene Grossanleger immer mehr den Wohnungsmarkt: Bei den seit 2011 gebauten Wohnungen liegt ihr Anteil bereits bei über 56 Prozent - Tendenz steigend. Das ist eine verheerende Entwicklung, denn für ihre Milliarden-Profite umgehen sie das Mietrecht und treiben die Wohnkosten in die Höhe. Schweizweit sind es Milliarden, die den Haushalten jährlich missbräuchlich aus der Tasche gezogen werden und ihnen im Portemonnaie fehlen, im letzten Jahr waren es 10,6 Milliarden Franken. Und jetzt will die Immobilien-Lobby, angeführt von HEV und bürgerlichen Parteien noch weitergehen: Um die Mieten noch mehr zu erhöhen, wollen sie den Kündigungsschutz der Mieterinnen und Mieter schwächen, um nach erfolgreicher Kündigung die Miete zu erhöhen.

Bürokratie und Schikane bei der Untermiete

Die bewährte und schon längst gut regulierte Untermiete soll grundlos massiv eingeschränkt werden, Hunderttausende wären betroffen: Menschen, die Wohnraum und Mietkosten teilen genauso wie Arztpraxen, Geschäftslokale oder andere KMU. Mit drastischen Folgen: Künftig droht der Rauswurf wegen kleinen Formfehlern bereits innerhalb von 30 Tagen. Diese Verschärfung ist ein Vorwand, um den Kündigungsschutz zu schwächen. Denn schon heute müssen Mieterinnen und Mieter die Einwilligung der Vermietenden einholen. Ausserdem ist es bereits verboten, zu hohe Mieten für die Untervermietung zu verlangen, das gilt auch für Airbnb.

Eigenbedarf schon heute problemlos möglich

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf ist bereits heute möglich – zu den üblichen und bewährten Kündigungsmodalitäten des Mietrechts. In Spezialfällen können Vermieter diese Fristen verkürzen, wenn der Eigenbedarf dringend ist. Dazu braucht es kein neues Gesetz. Doch das reicht der Immobilien-Lobby nicht: Sie hat im Parlament durchgesetzt, dass ‹dringender› Eigenbedarf durch ‹bedeutenden und aktuellen› Eigenbedarf ersetzt wird. Damit kann einfacher, schneller und ohne klare Gründe gekündigt werden.

Demokratiepolitisch skandalös

Die beiden Rauswurf-Vorlagen sind zwei von mehreren Einzel-Angriffen auf das Mietrecht. Das Ziel ist klar: Eine gänzliche Liberalisierung des Wohnungsmarktes. Wohnen ist aber ein Grundbedürfnis. Ein liberalisierter Wohnungsmarkt hingegen ist nur eines: Schlecht für die Mieterinnen und Mieter. Indem der Abbau des Mietrechts in einzelne Gesetzesartikel zerstückelt wird, verschleiert die finanzstarke Immobilien-Lobby ihren perfiden Plan. Und: Der Stimmbevölkerung wird vorsätzlich die Möglichkeit einer Gesamtbeurteilung genommen - ein in dieser Art noch nie dagewesener demokratiepolitischer Skandal. Der Mieterinnen- und Mieterverband wird jeden Abbau des Mieterschutzes bekämpfen – wenn nötig mit weiteren Referenden.

Breite Kampagne

Die beiden Rauswurf-Vorlagen verschieben das Ungleichgewicht noch mehr zu Lasten der 2.4 Millionen Miethaushalte. Ausserdem wird damit keine einzige zusätzliche Wohnung geschaffen. Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz koordiniert das breite Bündnis gegen die beiden Rauswurf-Vorlagen. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS)
  • Avenir Social
  • AVIVO, die Vereinigung zur Verteidigung der Rechte der Rentnerinnen und Rentner
  • VASOS, die Vereinigung aktiver Senior:innen und Selbsthilfeorganisation der Schweiz
  • VSS, der Verband der Schweizer Studierendenschaften
  • der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB)
  • Travail.Suisse
  • SP Schweiz
  • Grüne Schweiz

Sehen Sie sich hier die ganze Medienkonferenz im Video an

Zitate der Referent*innen

Carlo Sommaruga, Präsident MVS

«In sozial absolut unverantwortlicher Art und Weise hat sich die Parlaments-Mehrheit in den Dienst der Immobilien-Lobby gestellt und greift den Mieterschutz frontal an, um die Renditen des institutionellen Anleger noch mehr zu erhöhen.»

Michael Töngi, Vizepräsident MVS

«In Zeiten steigender Mieten und grosser Probleme für die Mieterinnnen und Mieter hat das Parlament den Mieterschutz verschlechtert. Wir sagen NEIN zu diesen Rauswurf-Vorlagen.»

Adriano Venuti, Vizepräsident MVS

«Ein gut inszenierter Angriff auf das Mietrecht ist im Gange. Die beiden Referenden sind nur der Anfang eines Grossangriffs der Immobilien-Lobby, der das Mieten von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum noch schwieriger machen wird.»

Jacqueline Badran, Vorstandsmitglied MVS

«Die Mieterschaft darf nicht noch mehr zur Milchkuh der Nation werden. Im Gegenteil: Der gesetzlich vorgeschriebene Renditedeckel muss endlich durchgesetzt werden.»

Sara Stalder, Geschäftsleiterin Schweizerischer Konsumentenschutz SKS

«Die Mehrheit der Bevölkerung in der Schweiz ist von der drohenden Kostensteigerung direkt betroffen. Viele Familien und Einzelpersonen müssen aber bereits heute den Gürtel enger schnallen. Der Konsumentenschutz lehnt beide Vorlagen ab, damit die Kaufkraft für den Mittelstand und für die Geringverdienenden nicht noch weiter zurückgeht.»

Nadège Widmer, Co-Präsidentin Verband der Schweizerischen Studierendenschaften VSS

«Der VSS lehnt die geplanten Änderungen des Mietrechts entschieden ab, da diese die Studierenden in der Schweiz aufgrund ihres mehrheitlichen Status als Untermieter/innen besonders hart treffen. Darüber hinaus wird der zusätzliche finanzielle und psychologische Druck, der sich aus diesen Änderungen ergibt, die prekäre Lage der Studierenden weiter verschärfen.»

Béatrice Métraux, Co-Präsidentin Vereinigung zur Verteidigung der Rechte der Rentnerinnen und Rentner AVIVO

«Die Kündigungen betreffen in erster Linie Wohnungen, deren Miete noch erschwinglich ist und die meist von älteren Menschen mit alten Mietverträgen bewohnt werden. Die Gefahr, diese Menschen in prekäre Verhältnisse zu stürzen, ist sehr real!»