24.05.2016
-
M+W  | 
Miettipp

Wenn das Fussballfieber um sich greift

Die Fussball-EM steht vor der Tür. Was aber, wenn Fans auf dem Balkon ihre Begeisterung voll ausleben? Und ist Flaggenaushängen überhaupt erlaubt?

Viele Mietshäuser präsentieren sich in den Tagen während der Fussball-EM (10. Juni bis 10. Juli) wieder farbenfroh. Vor den Fenstern und Balkonen hängen Landesfahnen, mit denen die Fussballfans ihre Nationalmannschaft anfeuern wollen. Aber darf man als Mieter überhaupt eine Fahne aus dem Fenster hängen? Das kommt darauf an, wo diese platziert wird. Am Fenster und innerhalb des eigenen Balkons geniessen Sie als Mieterin oder Mieter grundsätzlich volle Freiheit. Sie dürfen nach Belieben Fahnen oder auch einen schrillen Sonnenschirm aufstellen, sich aber auch mit einem Vorhang gegen neugierige Blicke schützen. Auch Wäsche dürfen Sie auf dem Balkon aufhängen.

Es gibt jedoch Mietverträge, die die Balkonnutzung stark reglementieren. Sie verbieten beispielsweise das Trocknen von Wäsche und lassen nur einheitliche Sonnenschirme in dezenten Farben zu. Solche Vertragsklauseln sind allerdings nur in Ausnahmefällen verbindlich. Ein Mietvertrag darf die Freiheit der Mieterinnen und Mieter nur einschränken, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt. Zudem müssen die Einschränkungen verhältnismässig sein. Dies kann in historischen Gebäuden der Fall sein, die das Ortsbild prägen. Im normalen Wohnblock lassen sich solche Verbote hingegen nicht rechtfertigen.

Landesflaggen am Balkongeländer

Gerade Fussballfans hängen ihre Fahnen gerne aussen ans Balkongeländer. Manche Vermieter halten das für unzulässig, weil das Reich des Mieters am Balkongeländer ende. Das ist allerdings eine etwas enge Sicht. Nach Ansicht des Mieterinnen- und Mieterverbands gehört es zu den Persönlichkeitsrechten, aussen am Balkongeländer ein Bekenntnis zu seiner Lieblings-Fussballmannschaft abzulegen.

Fahnen zu politischen Kampagnen

Beim Fussball kommt es diesbezüglich aber selten zu Auseinandersetzungen. Bei politischen Kampagnen hingegen schon. Vor einigen Jahren wollten verschiedene Vermieter ihren Mietenden beispielsweise das Aufhängen von Fahnen für die Volksinitiative 1:12 verbieten. Auch Peace-Fahnen gaben schon zu Diskussionen Anlass. In solchen Fällen können sich Mieterinnen und Mieter grundsätzlich auf ihr Persönlichkeitsrecht berufen, zu dem auch die Äusserung einer politischen Meinung gehört. In Ausnahmefällen kann ein Mietvertrag oder eine Hausordnung die Beflaggung verbieten oder reglementieren, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt und wenn die Einschränkungen verhältnismässig sind.

Streitpunkt Grill auf dem Balkon

Eine Grenze findet die Freiheit der Mietenden selbstverständlich dort, wo andere gestört werden. So darf man beispielsweise keine Fahne aus dem Fenster hängen, die dem Nachbarn im unteren Stock die Sicht verdeckt. Die Pflicht zur angemessenen Rücksichtnahme gilt bei allen Aktivitäten auf dem Balkon, auch beim Grillieren und Party feiern. Ein generelles Grillverbot auf dem Balkon ist zwar unverhältnismässig und somit ungültig, auch wenn es ausdrücklich im Mietvertrag steht. Unzulässig ist es jedoch, die Nachbarn mit Rauch einzunebeln. Umstritten ist, ob ein Mietvertrag das Feuern mit Holzkohle verbieten und nur Gas- und Elektrogrills zulassen darf. Meistens ist es jedenfalls sinnvoll, einen Grill auf dem Balkon mit Gas statt mit Holzkohle zu befeuern. Wer richtig feuern will, tut dies besser nicht auf dem Balkon, auch wenn es streng rechtlich nicht verboten ist. Gefragt ist auch hier der gesunde Menschenverstand.

Fairplay beim Feste feiern

Stein des Anstosses bei der Nutzung von Balkonen, Gärten und anderen Freiflächen ist meistens der Lärm. Grundsätzlich gilt in der ganzen Schweiz ab 22 Uhr Nachtruhe. Nachher darf man sich im Freien nur noch in sogenannter Tischlautstärke unterhalten. Also so, dass man es nur am gleichen Tisch hören kann. Heutzutage erscheint das zwar etwas weltfremd. Vor allem während der EM und anderen sportlichen Grossevents herrschen andere Bräuche. Wer sich durch Verstösse gegen die Nachtruhe gestört fühlt, kann aber grundsätzlich die Polizei rufen. Drohungen und Verbote schaffen aber nie eine gute Stimmung. Gefragt ist auch hier gegenseitiges Verständnis. Auch wer gerne feiert, muss sich bewusst sein, dass Nachbarn morgens früh aus den Federn müssen und gerne schlafen würden. Und auch Ruhebedürftigen sei geraten, in Zeiten kollektiver Fussballbegeisterung einmal ein Auge zuzudrücken.