Im Fussball geht’s diesen Sommer wieder um die Wurst – doch wie stehts dabei um den Mietfrieden?
Zwischen dem 14. Juni und dem 15. Juli greift in vielen Haushalten wieder das Fussball-Fieber um sich. Gehören Sie zu jenen, die die Weltmeisterschaft am liebsten auf der eigenen Couch oder dem Balkon verfolgen? Wir geben Ihnen nützliche Tipps für ein sorgenfreies Fussball-Vergnügen in den eigenen vier Wänden – und darüber hinaus.
Bald ist es soweit. Am 14. Juni 2018 ertönt der Anpfiff des Eröffnungsspiels der Weltmeisterschaft 2018 zwischen Gastgeber Russland und Saudi-Arabien. Ab dann regiert wieder König Fussball. Aber Achtung: Auch wenn sich in dieser Zeit fast alles ums runde Leder zu drehen scheint, gilt das Mietrecht weiterhin. Deshalb sollten Sie auch im WM-Fieber einige Regeln beachten. Gehören Sie zu jenen, die nicht nach Russland reisen können, und wollen Sie die vollgestopften Public Viewings meiden? Und organisieren Sie stattdessen die ultimative Fussball-Party im hauseigenen Innenhof, auf der Wiese hinter dem Haus oder auf der Gemeinschaftsterrasse mit Grossleinwand und Barbecue?
Warten Sie noch zu, gleich den teuren Beamer anzuschaffen und Bier und Wurst in rauen Mengen zu bestellen; wir raten Ihnen, dieses Vorhaben vorgängig mit der Vermieterschaft abzuklären. Denn diese könnte Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen und das Fussballfest verbieten. Sowohl der Innenhof wie auch die Wiese hinter dem Haus und die Dachterrasse gehören zu den gemeinschaftlichen Bereichen der Liegenschaft. Diese stehen nicht einem bestimmten Mieter oder einer bestimmten Mieterin zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Wie solche Areale genutzt werden dürfen, kann die Vermieterschaft selber festlegen. Diese darf ihre Einwilligung nur erteilen, wenn sie die Bedürfnisse aller Mieterinnen und Mieter berücksichtigt. Ein Recht auf eine WM-Party mit hauseigenem Public Viewing gibt es leider nicht. Das gilt grundsätzlich für jegliche Festivitäten im gemeinschaftlichen Bereich.
Flagge zeigen – doch wann ist es zu viel des Guten?
Erlaubt Ihnen die Verwaltung Ihr Vorhaben, dann können Sie sich nun an die Planung machen. Um echtes WM-Feeling zu erzeugen, darf natürlich die passende Deko nicht fehlen. Landesfahnen eignen sich hierzu besonders gut. Doch Obacht bei der Platzierung der Flagge. Am Fenster und innerhalb des eigenen Balkons geniessen Sie als Mieterin oder Mieter volle Freiheit. Diese dürfen Sie nach Lust und Laune mit Fahnen dekorieren. Auch Sonnenschirme in den schrillsten Farben sind zulässig. Sollte Ihr Mietvertrag die Balkonnutzung stark reglementieren und Ihnen das Aufhängen von Fahnen verbieten, so wäre eine solche Vertragsklausel nur ausnahmsweise verbindlich. Denn ein Mietvertrag darf die Freiheit der Mieterinnen und Mieter grundsätzlich nur einschränken, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt. Zudem müssen die Einschränkungen verhältnismässig sein. Bei Liegenschaften die das Ortsbild prägen, könnte dies der Fall sein. Wer sich beispielsweise in einer Wohnung im berühmten Einsteinhaus mitten in der Berner Altstadt einmietet, muss ein Fahnenverbot auf dem Balkon unter Umständen akzeptieren. Im normalen Wohnblock liesse sich ein Fahnenverbot nicht rechtfertigen. Verbote um des Verbots Willen sind nicht statthaft.
Fussballfans hängen ihre Fahne gerne aussen ans Balkongeländer. Gewisse Vermieter goutieren dies überhaupt nicht, da das Recht des Mieters an der Balkonbrüstung endet. Dies ist eine etwas gar enge Sicht. Es gehört zu den Persönlichkeitsrechten, aussen am Balkongeländer ein Bekenntnis zu seiner Lieblingsfussballmannschaft abzulegen. Die persönliche Freiheit endet dagegen dort, wo jene eines anderen beginnt; zum Beispiel die persönliche Freiheit ihrer Nachbarn. Das tönt jetzt ein wenig abstrakt. In Bezug auf die Fahnen lässt sich dieser Grundsatz aber einfach illustrieren: Ihre Fahne darf dem Nachbarn im unteren Stock nicht die Sicht verdecken. Andernfalls würden Sie sein Recht auf eine ungestörte Sicht aus dem Fenster verletzen.
Toleranz gegenüber Torjubel
Ein spannender Match ist eine emotionale und nervenaufreibende Angelegenheit. Die Lieblingsmannschaft wird angefeuert, die einzelnen Aktionen lautstark kommentiert. Bei einem Tor erreicht der Lautstärkenpegel jeweils seinen Höhepunkt. Wie die Fussballprofis auf dem Rasen müssen auch Sie einige Spielregeln einhalten. So sind Sie trotz WM-Rausch Ihren Nachbarn gegenüber zur angemessenen Rücksichtnahme verpflichtet. Doch was bedeutet dies im Einzelfall? Als Massstab gilt grundsätzlich der gesunde Menschenverstand. Sie dürfen in Ihrer Wohnung ein normales Leben führen. Dazu gehört auch Feste zu feiern. Dass während einem Fussballmatch ab und zu ein Torjubel erklingt, ist normal. Aber selbstverständlich alles mit Augenmass. Ab 22 Uhr gilt in der Regel Nachtruhe und es ist nur noch sogenannte Zimmerlautstärke erlaubt. In Wirklichkeit wird der Torjubel meistens geduldet. Begeisterung wirkt bekanntlich ansteckend.
Rauchzeichen nur im Mass
Zuzuschauen, wie 22 schwitzende Männer einem Ball hinterherjagen, kann ganz schön hungrig machen. Eine deftige Wurt oder knackiges Grillgemüse schafft Abhilfe gegen das Loch im Bauch. Grillieren auf dem Balkon ist grundsätzlich erlaubt. Die Verwaltung kann es Ihnen nicht einfach in der Hausordnung oder im Mietvertrag verbieten. Solche Verbote müssen – wie bereits erwähnt – einen sachlichen Grund haben und verhältnismässig sein. Ein generelles Grillverbot auf dem Balkon wäre dies nicht. Doch auch beim Grillieren sind Sie wegen den Rauch- und Geruchsemissionen zur Rücksichtnahme ihren Nachbarn gegenüber verpflichtet. Verstossen Sie dagegen, kann und muss die Vermieterschaft – wie der Schiedsrichter im Fussballspiel – Ihnen die gelbe Karte zeigen respektive Sie verwarnen. Denn Störungen über dem Mass des Akzeptablen stellen rechtlich einen Mangel dar. Nützen alle Ermahnungen nichts, kann die Vermieterschaft Ihnen im schlimmsten Fall sogar kündigen – im Extremfall sogar ausserordentlich. Dies allerdings nur, wenn selbst eine schriftliche Abmahnung nichts nützt, und unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen auf Ende eines Monats.
Mieterinnen und Mieter, die sich durch Lärm- und Geruchsimmissionen gestört fühlen, können unter Umständen sogar Druck auf die Verwaltung ausüben, indem sie den Mietzins amtlich hinterlegen, wenn diese nichts unternimmt. Ob der Vermieter gegen übermässige Rauch- und Geruchsbelästigungen einschreitet, liegt folglich nicht gänzlich im Belieben der Vermieterschaft.
«Fairplay» gilt auch in der Nachbarschaft
Kommunizieren Sie deshalb nicht mittels Rauchzeichen mit Ihren Nachbarn. Suchen Sie stattdessen das persönliche Gespräch mit ihnen, wenn sich diese durch Ihren Lärm und Rauch gestört fühlen sollten. Unter Umständen sind Abmachungen sinnvoll: Zum Beispiel nach 22 Uhr den Ton der Liveübertragung abzuschalten und nur einmal wöchentlich zu grillieren. Toleranz und gegenseitiger Respekt ist nicht nur der Schlüssel für einen fairen Match, sondern auch für eine friedliche Nachbarschaft.
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