22.03.2022
-
MV  | 
News

Aufnahme von geflüchteten Menschen aus mietrechtlicher Sicht

Tausende geflüchtete Menschen aus der Ukraine sind bereits in der Schweiz registriert, und es werden immer mehr. Viele Privatpersonen möchten Geflüchtete in der eigenen Mietwohnung aufnehmen. Doch was ist dabei eigentlich mietrechtlich zu beachten? Wir haben die Antworten.

Die Solidarität mit den Geflüchteten aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine ist gross. Auch hierzulande melden sich zahlreiche Privatpersonen, um Flüchtlinge privat bei sich aufzunehmen. Verschiedene Plattformen stehen dafür zur Verfügung. Doch wie steht es eigentlich um die mietrechtliche Sicht, wenn Sie selber zur Miete wohnen? Dürfen Sie geflüchtete Personen einfach bei sich in der Mietwohnung einquartieren?

Laut Expert*innen aus der Flüchtlingshilfe ist die Sache klar: Da Personen aus der Ukraine visumsfrei in die Schweiz einreisen dürfen und sich hier legal während 90 Tagen aufhalten dürfen, braucht es dafür keine Einwilligung der Behörden. Nach Ablauf dieser 90 Tage hängt es vom Aufenthaltsstatus der Geflüchteten ab.

Wenn Sie die Geflüchteten unentgeltlich bei sich aufnehmen wollen, braucht es auch keine Zustimmung der Vermieterschaft, denn es handelt sich dann um eine kostenlose Unterbringung von Gästen. Rechtlich ist dies als Gebrauchsleihe gemäss Art. 305 ff. Obligationenrecht einzustufen und ist somit mietrechtlich nicht relevant. Entsprechend kann sich die Vermieterschaft grundsätzlich der Aufnahme von Gästen nicht entgegensetzen. Das bedeutet: Man muss die Vermieterschaft nicht um Erlaubnis fragen, wenn man geflüchtete Personen aufnehmen möchte.

Aber: Wir raten Ihnen, mit Geflüchteten ein Untermietsvertragsverhältnis einzugehen. Für ein solches brauchen Sie die Zustimmung der Vermieterschaft. Verweigert werden kann Ihnen eine solche nur, wenn Sie als Untervermieter*in sich weigern, der Vermieterschaft die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben oder wenn Sie einen Gewinn mit dem Mietzins erzielen wollen. Oder wenn der Vermieterschaft aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen sollten. Dies könnte beispielsweise bei einer Überbelegung der Wohnung der Fall sein.

Zu beachten ist, dass ein Untermietsvertrag auch mündlich zustande kommen kann. Ausserdem muss eine Gegenleistung nicht zwingend eine Geldleistung sein, sondern kann auch in einer Dienstleistung bestehen. Sobald Sie als Gegenleistung zum Beispiel einen Kinderhütedienst oder ein Hundesitting in Anspruch nehmen, handelt es sich nicht mehr um eine unentgeltliche Gebrauchsleihe. In einem solchen Fall könnte es sich bereits um eine bewilligungspflichtige Untermiete handeln.

Wir raten Ihnen allerdings in jedem Fall zu einer vertraglichen Abmachung, auch wenn Sie keine Untermiete verlangen; zum Beispiel eine Kündigungsfrist. Diese dient auch der Sicherheit der geflüchteten Personen, denn als Gäste haben sie nicht den gleichen Schutz wie als Untermieter*innen. Andernfalls riskieren diese im schlimmsten Fall, von heute auf morgen vor die Tür gestellt zu werden.

Ausserdem empfehlen wir möglichen Gastfamilien, in jedem Fall mit Hilfsorganisationen, der Gemeinde oder dem Kanton zusammenzuarbeiten, um möglichen Konflikten vorzubeugen. 

Wir beraten Sie gerne

Bei weiteren mietrechtlichen Fragen in Bezug auf die Aufnahme von geflüchteten Personen steht das übliche Beratungsangebot der Sektionen des Mieterinnen- und Mieterverbands zur Verfügung. Für Details, klicken Sie bitte den Button unten.