11.11.2019
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MV  | 
Medienmitteilung

Sanierungskosten werden zu Unrecht zu stark auf Mieterinnen und Mieter überwälzt

Gemäss einem Bericht der Bundesämter für Energie und für Wohnungswesen werden heute bei Gesamtsanierungen zu hohe Beträge auf die Mieterinnen und Mieter überwälzt. Diese bezahlen damit nach Sanierungen – zu Unrecht – zu hohe Mietaufschläge. Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz (MV) verlangt deshalb eine Senkung der Überwälzungssätze von heute 50 bis 70 Prozent auf 35 bis 55 Prozent.

Erstmals liegt ein fundierter amtlicher Bericht vor, welcher aufzeigt, welche Investitionen bei umfassenden Gebäudesanierungen auf die Mieterinnen und Mieter überwälzt werden dürfen: Im Auftrag des BFE und BWO haben Fachleute der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit Verbänden der Mieter- und Hauseigentümerseite die wertvermehrenden Anteile von Investitionskosten ermittelt.

Werterhaltende Investitionen sind bereits mit dem Mietzins abgegolten. Wertvermehrende Investitionen hingegen können gemäss Mietrecht auf die Mieterinnen und Mieter überwälzt werden und führen bei umfassenden Sanierungen oft zu Mietzinsaufschlägen von mehreren Hundert Franken im Monat. Gemäss geltendem Mietrecht gelten heute die Kosten umfassender Sanierungen in der Regel zu 50-70 Prozent als wertvermehrende Investitionen und werden auf die Mieten überwälzt.

Der Bericht zeigt jedoch, dass die wertvermehrenden Anteile für umfassende Überholungen in der Realität zwischen 34% und 58% liegen und damit deutlich unter der gesetzlichen Vorgabe von 50% - 70% (siehe Fazit, Seite 42). Es werden also heute deutlich zu hohe Kosten auf die Mieterinnen und Mieter überwälzt.

Analysiert wurden 20 reale Fallbeispiele von Sanierungen anhand der Bauabrechnungen. Dabei wurden eine breite Auswahl an Eigentumsstrukturen, Wohntypologien, Bauperioden, Objektgrössen, geografischen Regionen und Lagen berücksichtigt, um ein möglichst repräsentatives Abbild darzustellen.

Überwälzungssätze müssen stark gesenkt werden

«Der Bundesrat muss die Ergebnisse des Berichts ernst nehmen und rasch handeln. Andernfalls zahlen die Mieterinnen und Mieter weiterhin viel zu hohe Mietaufschläge. Dies kommt einem ungerechtfertigten finanziellen Transfer zugunsten der Immobilienbesitzer gleich», bilanziert Carlo Sommaruga, Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz (MV) die Ergebnisse des Berichtes.

Der MV verlangt vom Bundesrat, dass er aufgrund der fundierten Grundlagen die Verordnung zum Mietrecht rasch anpasst und die Überwälzungssätze von heute 50 bis 70 Prozent auf 35 bis 55 Prozent senkt. Damit würden auch die Lasten der Anforderungen der Klimapolitik gerechter zwischen den Vermieter*innen und Mieter*innen verteilt.

Aushöhlung des Mietrechts

Die beiden angenommenen parlamentarischen Initiativen von Philippe Nantermod, Präsident des Schweizerischen Verbandes der Immobilienfachleute (USPI), stehen im Widerspruch zu Artikel 109 der Bundesverfassung. Damit würde schlicht und einfach das heutige Recht, Missbräuche anzufechten, aufgegeben, wenn es keine Hinweise mehr auf einen Wohnungs-mangel gibt. Dieser Versuch wurde bereits vom Gesetzgeber getestet und 1972 wieder aufgegeben, genau wegen missbräuchlichen Verhaltens aus Immobilienkreisen!

Der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz wird keine Einschränkung der ohnehin schon unzureichenden Rechte der Mieterinnen und Mieter akzeptieren und gegebenenfalls auch vom Referendumsrecht Gebrauch machen.