20.04.2016
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Wohnungskündigung wegen zweitem Büsi

Markus Fricke ist ein Katzenfreund. Seine Fürsorge nützte ihm allerdings vor Gericht nichts.

Diese Dachwohnung ist ein Paradies für Leo und Velia: Hier können sie auf zwei Etagen herumtollen, überall gibt es verborgene Ecken und Winkel. Die Katzenbäume lassen keine Wünsche offen. «Auf der Terrasse muss ich noch ein Gitter anbringen», sagt Markus Fricke. Dann kann er seine beiden Lieblinge ohne Aufsicht nach draussen lassen. Leo und Velia sind zwei Rassekatzen, eine Britisch-Kurzhaar und eine Thai-Siam.

Kündigung wegen artgerechter Tierhaltung

Markus Fricke: «Ich dachte, die Schweiz sei im Tierschutz vorbildlich»
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Markus Fricke: «Ich dachte, die Schweiz sei im Tierschutz vorbildlich»

Markus Frickes Herz schlägt für Leo und Velia. «Das Wichtigste ist, dass sie zusammen sind und es ihnen gut geht», sagt er. Das war nicht immer so. Wäre es nach seinem früheren Vermieter gegangen, hätte er die beiden Katzen trennen müssen. Doch das wollte er nicht. Fricke hatte zwar die schriftliche Erlaubnis für Leo erhalten. Doch da er den Kater tagsüber nicht alleine lassen wollte, schaffte er Velia an, damit eine Gespielin vorhanden und eine artgerechte Haltung gewährleistet ist. Fricke fühlte sich dazu verpflichtet, vor allem als er in einem Merkblatt zur Katzenhaltung des Bundes las: «Wenn von zwei Wohnungskatzen eine stirbt, sollte für die überlebende Ersatz beschafft werden.»

Enttäuschendes Urteil der Schweizer Justiz

Fricke erhielt vom Vermieter die Kündigung, weil er ohne Einwilligung eine zweite Katze angeschafft hatte. Nach einem vergeblichen Schlichtungsversuch landete der Fall am 11. November 2015 vor dem Bezirksgericht Baden. Heute hält Fricke das begründete Urteil in der Hand und schüttelt den Kopf. «Ich bin von der Schweizer Justiz enttäuscht.» Im Entscheid heisst es, es sei ihm nur die Haltung einer einzigen Katze bewilligt worden. Mit der Haltung einer zweiten Katze ohne Erlaubnis habe er den Vertrag verletzt, und somit sei die Kündigung nicht missbräuchlich. Sie verstosse auch nicht gegen Treu und Glauben und sei daher gültig.

Fricke stammt aus Deutschland. Als er in die Schweiz kam, wähnte er sich in einem besonders tierfreundlichen Land. «Ich dachte immer, die Schweizer Tierschutzgesetze seien vorbildlich. Aber jetzt muss ich daran zweifeln». Fricke hätte aber auch wissen können, dass die Schweiz den schwächsten Mieterschutz in Europa hat. Hier gilt die Vertragsfreiheit, und ein Recht auf Tierhaltung in der Wohnung propagieren zwar fortschrittliche Juristen. Aber diese Anschauung hat sich noch nicht auf breiter Front durchgesetzt. In seiner Heimat wäre Fricke womöglich besser dran gewesen. Dort hat der Bundesgerichtshof generelle Verbote für das Halten von Hunden und Katzen in der Mietwohnung für unwirksam erklärt.

Vermutlich ging es beim ganzen Streit auch gar nicht um Haustiere. Der Vermieter hatte nämlich Anstoss daran genommen, dass Fricke eine Mietzinsherabsetzung infolge des gesunkenen Referenzzinssatzes verlangt hatte. Der Besitzer sieht Mieterrechte offenbar als Anmassung an. Es passt zum Ganzen, dass der Vermieter nach Frickes Auszug die Wohnung teurer weitervermietete. «Zwei Referenzzinssatzsenkungen sind so wieder rückgängig gemacht», kommentiert Fricke. Eine unschöne Geschichte.