25.08.2015
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News

Airbnb: Streitpunkt Untermiete

Die Übernachtungs-Plattform wirft mietrechtliche Probleme auf. Mietrechtsspezialistin Irène Spirig erläutert sie.

Wer günstig übernachten will, klickt heute im Internet Airbnb an. Unter dem Kürzel für «airbed and breakfast» vermittelt die rasant wachsende Online-Plattform Übernachtungen bei Privaten. Sie stellt den Kontakt zwischen Gastgeber und Gästen her und wickelt das Inkasso ab. Ursprünglich als Alternative zum Pauschaltourismus gedacht, lockt Airbnb heute auch gewerbsmässige Anbieter von Unterkünften an.

Airbnb galoppiert Gesetzgebung davon

Dagegen wehrt sich die Hotellerie, denn Gastgeber bei Airbnb entgehen den Auflagen, denen Hotelbetriebe unterstehen. Die Gesetzgebung kann mit der schnellen Ausbreitung von Airbnb nicht Schritt halten. Doch beteuerte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf kürzlich, der Handlungsbedarf sei erkannt. Geprüft wird wohl in erster Linie, ob Airbnb-Anbieter ihre Gäste melden und Kurtaxen entrichten müssen. 

Bietet der Gastgeber seine Mietwohnung an, kommen auch mietrechtliche Regeln ins Spiel. Gegenüber dem Vermieter muss der Gastgeber und Mieter die Regeln der Untermiete einhalten (Art. 262 OR). Diese Regeln gelten für jede entgeltlich Überlassung des gemieteten Objekts, ganz unabhängig vom Vertragsverhältnis zwischen Gastgeber und Gast. Sie bieten dem Vermieter die Möglichkeit, Missbräuche zu vermeiden, gewährleisten dem Mieter aber gleichzeitig, dass er im Gebrauchsrecht der Wohnung nicht unbegründet eingeschränkt wird.

Mieter muss Zustimmung für Untermiete einholen

Zunächst muss der Mieter und Gastgeber die Zustimmung des Vermieters für die Aufnahme von zahlenden Gästen einholen und ihm dabei die Bedingungen seines Angebots auf der Airbnb-Plattform bekannt geben. Eine gewerbsmässige Beherbergung von Gästen muss der Vermieter ebensowenig dulden wie andere Abweichungen vom vertraglich festgehaltenen Gebrauch der Wohnung. Er kann seine Zustimmung darüber hinaus gültig verweigern, wenn der Mieter mit dem Mietobjekt einen eigentlichen Gewinn erzielt. 

Das ist immer dann der Fall, wenn die verlangte Entschädigung den Mietzinsanteil sowie den Wert der zusätzlich angebotenen Dienstleistungen (Möblierung, Frühstück, Begleitung auf einem Stadtrundgang etc.) übersteigt. Schliesslich kann die Zustimmung gültig verweigert werden, wenn dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile erwachsen. Was darunter zu verstehen ist, muss im Einzelfall geprüft werden. In einem ruhigen Haus kann eine hohe Fluktuation der Gäste unter Umständen die Nachbarn stören. In einer Liegenschaft an exponierter Lage mit stets verschlossener Haustüre muss unter den gleichen Umständen vielleicht eher das begründete Sicherheitsbedürfnis der Nachbarn berücksichtigt werden. 

Es kommt auf die Grösse der Wohnung und die Häufigkeit und Dauer der Beherbergung an, ob die Wohnung übernutzt wird, um nur einige Beispiele zu nennen. Es zählen nur konkrete Ablehnungsgründe, die objektiv nachvollziehbar sind. Blosse Vorurteile gegen die Plattform reichen nicht aus, denn die Mieter haben grundsätzlich das Recht, in ihrer Wohnung Gäste, auch zahlende, zu empfangen und zu beherbergen. Vermieter dürfen sich dieser neuen Form des Tourismus daher nicht von vornherein verschliessen.

Bundesgericht nimmt Regelverstösse in die Pflicht

Mieter, welche die Regeln der Untermiete nicht einhalten, werden vom Bundesgericht allerdings streng in Pflicht genommen. Wer trotz zu Recht verweigerter Untermiete zahlende Gäste beherbergt oder dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete trotz Aufforderung nicht offen legt, riskiert eine vorzeitige Kündigung der Wohnung. Zudem muss sich der Mieter das Verhalten seiner Gäste anrechnen lassen.

Er hat daher ein Interesse, seine Gäste sorgsam auszuwählen und die Wohnung nicht Partygruppen zu überlassen, welche die Nachtruhe der Nachbarn nicht respektieren. Auch hier riskiert er die vorzeitige Kündigung, falls seine Gäste trotz Abmahnung wiederholt überborden. Dem Vermieter stehen mit andern Worten recht griffige Mittel zur Verfügung, um Auswüchsen einen Riegel zu schieben.

Mietrechtlicher Handlungsbedarf liegt dennoch vor, denn die Regeln der Untermiete sind immer noch auf die klassischen Fälle der Witwe zugeschnitten, die in der zu gross gewordenen Wohnung einen Zimmerherrn aufnimmt, oder auf die Untervermietung während eines Auslandsaufenthaltes, kurz auf eine Untermiete von gewisser Dauer. Neu an Airbnb ist aber die Fluktuation der Gäste. Die Besucher bleiben nur kurz und wechseln immer wieder. Trotzdem ist der Mieter grundsätzlich verpflichtet, die Zustimmung des Vermieters einzuholen, bevor er die Wohnung auf der Community-Plattform anbietet. 

Lücke im geltenden Mietrecht

Gleichzeitig muss er rasch reagieren, wenn ein Gast Interesse zeigt und ihm innert 24 Stunden ein verbindliches Angebot vorlegen. Dazu verpflichten ihn die Regeln der Airbnb-Community. In der bis heute noch spärlichen mietrechtlichen Literatur zu diesem Thema wird vorgeschlagen, dass der Vermieter für eine bestimmte Anzahl von Beherbergungen innert eines bestimmten Zeitraums um Zustimmung ersucht wird. Dabei sollte die Entschädigung, das konkrete Angebot, der Besuchertyp, die Anzahl Gäste sowie der Umstand offengelegt werden, ob die ganze Wohnung oder nur Teile davon angeboten werden. 

Der Mieter genügt auf diese Weise jedenfalls seiner Verpflichtung, die Bedingungen der Untermiete offen zu legen. Unklar ist, ob der Vermieter verpflichtet ist, sich auf eine generelle Zustimmung einzulassen. Hier zeigt sich eine Lücke oder zumindest eine Unklarheit im geltenden Mietrecht. Es wäre sinnvoll, wenn im Zuge des erkannten Handlungsbedarfs auch dieser Punkt geklärt würde. Irène Spirig