15.01.2015
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Der Mieterverband hat Grund zu feiern

1915 gegründet, setzt sich der SMV seit hundert Jahren für die Mietenden ein. Ein historischer Rückblick.

Rund 25 Delegierte trafen sich am 31. Januar 1915 im Gasthof «Schweizerbund» in Biel. Es war Weltkrieg. Dennoch schritten sie zur Tat und gründeten den Schweizerischen Mieter-Verband. Damit war die Dachorganisation der Mieterbewegung geboren.

Stickige Logen ohne Licht und Luft

Viel wissen wir über die Gründung des SMV nicht. Die Presse war nicht zugelassen. Auch fehlen die Akten des Kongresses. Dokumente sind erst ab 1919 vorhanden. Der erste Präsident des SMV war vermutlich der Zürcher Dr. Carl Wirth. Er verfasste später eine Broschüre mit dem Titel «Die Mieter in Not».

Zu jener Zeit gab es bereits seit zwei Jahrzehnten Mietervereine in der Schweiz. Sie entstanden nach deutschem Vorbild. Der erste war der Basler MV. Er wurde 1891 gegründet. Dies, nachdem eine Wohnungs-Enquête grosse Missstände bei den Basler Wohnungen enthüllt hatte. Viele Menschen mussten damals in engen und stickigen Logen ohne Licht und Luft leben. Die Angst vor Tuberkulose ging um.

Weitere Städte ziehen nach

Handschriftliches Protokoll eines Mietervereins um 1900.
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Handschriftliches Protokoll eines Mietervereins um 1900.

Im selben Jahr entstand auch in Zürich ein Mieterverein. Schon nach zehn Jahren konnte er ein Sekretariat einrichten. Er bot den Mitgliedern Rechtshilfe, aber auch eine Versicherung gegen Schäden sowie die Zeitung «Der Wohnungsmieter» an. Der überwiegende Teil der Mitglieder kam aus der Mittelschicht. Nur wenige Arbeiter konnten sich wegen dem geringen Lohn den Mitgliederbeitrag leisten. 

In allen grösseren Städten und Ortschaften entstanden um die Jahrhundertwende Mietervereine. Die meisten waren kämpferisch: Sie prangerten die Wohnungsnot an und zogen gegen «Mietwucherbestien» zu Felde. Gemeint waren profitorientierte Vermieter. Aber sie setzten sich auch für günstige Wohnungen ein. Einige Mietervereine gründeten sogar eigene Wohnbaugenossenschaften.

Soziales Mietrecht lässt auf sich warten

Äusserst zäh war der politische Kampf für ein besseres Mietrecht. Lange Zeit gab es nur ein paar wenige Bestimmungen im Obligationenrecht. Mieterschutz war ein Fremdwort. Das von Eigentümern dominierte Parlament wehrte sich hartnäckig gegen mehr Rechte für die Mietenden. Der Bundesrat reagierte bei schlechten Verhältnissen mit Notrecht. Fast ein Vierteljahrhundert lang, von 1946 bis 1970, gab es eine Mietpreiskontrolle und eine Mietzinsüberwachung. Jeder Vermieter musste einen Aufschlag bewilligen lassen. Erst 1972 konnte auf Druck der Mieterverbände das heutige Mietrecht durchgesetzt werden. Doch auch dieses beschränkt sich auf eine Missbrauchsgesetzgebung. Das soziale Mietrecht bleibt ein Postulat. Ralph Hug

Lesen Sie mehr darüber in der nächsten Ausgabe vom «Mieten & Wohnen», die am 6. Februar 2015 erscheint.