14.09.2021
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Mieteraktion

Zusammenarbeit mit Urban Equipe – ein voller Erfolg dank Ihrer Spenden!

Leerkündigungen wegen Sanierung oder Abriss nehmen zu. Für die meisten Betroffenen bleibt dabei kein Stein auf dem anderen. Jung oder Alt werden plötzlich aus der Wohnung, aus dem Quartier, aus ihrem Umfeld gerissen. Um gegen entwurzelnde Leerkündigungen anzutreten, spannen wir mit der «Urban Equipe» zusammen, einem Verein für zivilgesellschaftliches Engagement in der Stadtentwicklung.

Liebe Antonia, wie ist die Zusammenarbeit zwischen der Urban Equipe und dem MV Zürich entstanden?

Es begann ganz unkompliziert. Wir wurden vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich kontaktiert, ob die Urban Equipe interessiert wäre zusammenzuspannen, um Betroffenen von Leerkündigungen zu helfen. Bei euch gingen schon seit längerem Meldungen ein von Wohnungskündigungen aufgrund von Sanierung der Liegenschaft oder eines Neubauprojekts. Schnell wurde klar, dass die betroffenen Mieter*innen selten im Vorfeld über die Pläne aufgeklärt wurden und geschockt waren, als sie die Kündigungen erhielten. Auf unserer Seite war auch schon länger der Wunsch entstanden, uns noch verstärkter für bezahlbaren Wohnraum einzusetzen. Darum kam eure Anfrage zur richtigen Zeit.

Wie ging es weiter?

Der MV Zürich hat mehrere Aufrufe gestartet, dass sich Betroffene von Leerkündigungen melden. Dank der grossen Reichweite haben uns auch sehr viele Meldungen erreicht. Anfangs waren wir überwältigt, wie viele Menschen betroffen sind. Danach befassten wir uns mit jeder einzelnen Meldung und es ist hart, die Einzelschicksale dahinter zu erleben. Das hat mir gezeigt, dass wir genau jetzt am richtigen Ort sind, um etwas zu bewegen.

Kannst du zusammenfassen, wer besonders betroffen ist?

Es ist eine sehr grosse Bandbreite in allerlei Hinsicht. Uns wurden Fälle von sechs Mietparteien in einem repräsentativen Haus im Zürcher Seefeld bis hin zu 400 sehr günstigen Wohnungen am Stadtrand und auch einige grössere Wohnsiedlungen in der Agglomeration gemeldet. Senior*innen, Alleinstehende, Familien, Student*innen und auch alle Altersstufen sind betroffen. Solche, die es sich noch leisten können, finden schneller eine Wohnung und ziehen um. Doch selbst für viele junge Erwachsene wird es immer schwieriger, geeigneten Wohnraum zu finden. Wir konzentrieren unsere Unterstützungsangebote momentan besonders auf ältere Bewohner*innen, die nicht mehr einfach so ihre Sachen packen und umziehen können und Menschen, welche kein Deutsch sprechen. Ebenso fokussieren wir auf Menschen ohne grosses Einkommen. Betroffene finden schlichtweg keine Wohnung in derselben Grösse zu einem ähnlichen Mietpreis und müssen oft aus der Stadt wegziehen, obwohl sie das nicht möchten. Besonders brisant: In kleinen Gemeinden sind wiederum häufig die sozialen Unterstützungsangebote schlechter – Menschen kommen so in einen existenziellen Strudel. Und was wir auch merken: Die Agglomeration ist längst nicht mehr der Ort, an dem noch viele günstige Wohnungen zur Miete ausgeschrieben sind!  

Hattest du ein bestimmtes Vorgehen, wenn du auf die Betroffenen zugegangen bist und wie kannst du konkret helfen?

Wir haben schnell gemerkt, dass es keine Allzwecklösung gibt. Es kommt sehr auf die Situation drauf an. Wichtige Faktoren sind die Grösse der Siedlung, in welcher Planungsphase das Sanierungs- oder Neubauprojekt ist und wie offen Eigentümer sind, um zu kooperieren. In erster Linie ging es in den meisten Fällen darum, dass sich Mieter*innen untereinander organisieren. Wir nennen das die Kerngruppe vor Ort. Je mehr Betroffene gemeinsam ein Ziel verfolgen, desto eher kann bei den Eigentümer*innen etwas erreicht werden. Dies gilt sowohl in einem sehr frühen Planungsstadium als auch erst recht dann, wenn die Kündigungen kommen. Wenn Kündigungen ausgesprochen werden, macht es einen Unterschied, ob sich nur eine Person mit einer Anfechtung wehrt oder gleich 10 oder mehr Bewohner*innen die Kündigung anfechten.

Weshalb ist es wichtig, dass sich Mieter*innen vernetzen?

Je mehr Mieter*innen sich zusammentun, gemeinsam ihre Bedürfnisse formulieren, ihre Situation öffentlich schildern und allenfalls rechtliche Mittel einleiten, desto besser ist die Verhandlungsposition mit den Eigentümer*innen. Wenn zum Beispiel viele Mieter*innen in einer Siedlung ihre Kündigungen anfechten, steigt der Druck auf die Eigentümer*innen und desto mehr kann dadurch an den Schlichtungsverhandlungen erreicht werden.

Deshalb lege ich allen Mieter*innen nahe, sich vor einer Kündigung schon zusammenzutun und zu mobilisieren. Wenn es Vorzeichen gibt oder konkrete Informationsveranstaltungen zu Sanierungs- oder einem Neubauprojekt durchgeführt wurden, ist es an der Zeit, sich mit den Nachbar*innen zusammenzutun. Abwarten bis die Kündigung kommt, hilft in dieser Situation nicht.

Was konntest du mit dem Mieterinnen- und Mieterverband Zürich weiter erreichen?

Durch unsere Aktion haben wir von einigen Bauprojekten in einem sehr frühen Planungsstadium vernommen. In diesen Fällen wurde es für uns besonders spannend: Können wir zusammen mit den Mieter*innen die Planung so beeinflussen, dass erst gar keine ungewollten Kündigungen nötig sind? Denn es gibt viele gute Alternativen zur gängigen Praxis der Leerkündigung: vorübergehender Auszug, etappierter Umbau, Wiedereinzugsrecht, usw. Wir haben darum neben der Mobilisierungsarbeit bei den Mieter*innen auch das Gespräch gesucht zu Eigentümer*innen. Es sind zwar nicht alle bereit mit uns an den Tisch zu sitzen. Wenn es so weit kommt, sind erste Verhandlungen jedoch bisher konstruktiv weitergekommen. Nebst der Verhinderung unnötiger Kündigungen ist es uns auch ein Anliegen, dass bei Sanierungs- oder Neubauprojekten die Bewohner*innen von Anfang an offen und transparent informiert werden durch die Eigentümerschaft. Es ist einfach ein ungutes Gefühl, wenn man nicht weiss, was wann geschehen wird. Es geht für die Menschen um einschneidende Veränderungen.

Wie geht es nun weiter? Bis Ende Jahr 2021 kannst du dich für Betroffene einsetzen, das Problem der Leerkündigungen wird aber weiter bestehen.

Genau, wir schauen, wie wir die Kooperation weiterführen können. Zudem sind wir daran, die Mieter*innen weiter zu stärken und mit Informationen auszustatten, wie sie im konkreten Fall vorgehen sollen. Wir haben zum Beispiel die Idee eines Mietenmobils – einer Art mobiler Beratung, mit der wir zu den Mieter*innen nach Hause kommen können. Wenn wir von Sanierungs- oder Neubauprojekten hören, werden wir auch von uns aus aktiv und werden Kontakt aufnehmen mit Betroffenen. Dies schliesst nicht aus, dass sich betroffene Mieter*innen weiterhin bei uns melden sollen. Am besten über dieses Formular vom MV Zürich. Es gibt noch viel zu tun! An Energie und Ideen fehlt es uns nicht.

Vielen Dank für das Gespräch Antonia.

Wir setzen uns für Mieter*innen ein!

Leerkündigungen wegen Sanierung oder Neubau nehmen stark zu. Entsprechende Anfragen von verunsicherten Mieter*innen häufen sich bei uns. Wir setzen uns verstärkt für eine sozialverträgliche Umsetzung von Bauvorhaben ein und haben dafür mit der «Urban Equipe» zusammengespannt, einem Verein für konkrete Mitwirkung in der Stadtentwicklung.

Sind Sie auch betroffen? Melden Sie sich bei uns!