Brunaupark: Credit Suisse brüskiert Stadtrat und Mieter/-innen
Die CS-Pensionskasse will ihre Mieterinnen und Mieter loswerden. Am 28. März hat sie 240 Wohnungen gekündigt. Sie brüskiert damit auch den Stadtrat, der Gespräche über eine Etappierung des Bauprojekts aufnehmen will. Der MV fordert den Rückzug der Kündigungen und einen runden Tisch. Der Stadtrat muss handeln.
Text: Esther Banz
Als im Sommer 2018 Gerüchte über den Abbruch der 405 zwischen 1980 und 1996 bezogenen Wohnungen im Zürcher Brunaupark herumgereicht wurden, wiegelte Wincasa ab. Man prüfe verschiedene Optionen für die Neugestaltung des Areals. Die Abklärungen seien im vollen Gange. Sobald genügend Fakten auf dem Tisch lägen, würden die Mieterinnen und Mieter informiert.
Ausflüchte und Lügen
Als die Liegenschaftenverwalterin der CS dieses Schreiben verfasste, war der Entscheid für ein Projekt, das den Abriss von 240 der 405 Wohnungen vorsah, bereits gefallen. Man wusste, dass 170 der zum Abriss freigegebenen Wohnungen bis September 2023 beziehungsweise 2026 der dreissigjährigen Mietzinskontrolle der Stadt Zürich unterstanden. Und man ging davon aus, dass der Stadtrat diese Mietzinskontrolle mit einem Federstrich vorzeitig löschen würde.
Mieter handeln
All das haben die Mieterinnen und Mieter des Brunauparks am 15. März 2019 aus einer Antwort des Zürcher Stadtrats an den Gemeinderat herauslesen müssen. Sie haben sofort gehandelt. Sie gründeten den Verein IG Leben im Brunaupark. Und schon am 27. März stand eine bunte Gruppe von Mieterinnen und Mietern vor dem Zürcher Rathaus. Sie forderten, in der Planung des Brunauparks eine Denkpause einzulegen, um über den Erhalt von bezahlbaren Wohnungen und eine Bleibegarantie der Mieterinnen und Mieter diskutieren zu können. Und sie wiederholten den schon eine Woche zuvor von SP, Grünen und AL erhobenen Appell an den Stadtrat, auf die vorzeitige Entlassung von Wohnungen aus der Mietzinskontrolle zu verzichten.
Jetzt Petition unterschreiben!
Die Interessengemeinschaft «Leben im Brunaupark» sammelt in Zusammenarbeit mit dem MV Zürich Unterschriften gegen das biespiellose Vorgehen der CS Pensionskasse und gegen rücksichtslose Wohneigentümer.
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CS brüskiert den Stadtrat…
In der unmittelbar an die Kundgebung anschliessenden Sitzung des Gemeinderats kam die gute Nachricht. Der Stadtrat hat der CS eine Absage erteilt. Die betroffenen 170 Wohnungen dürfen bis zum Ablauf der Mietzinskontrolle nicht abgebrochen werden.
Der Ball lag bei der CS. Diese hat ihn nicht aufgefangen. Am 28. März gab die Medienstelle des Bankgiganten bekannt, dass man im Brunaupark ab 2021 bzw. 2023 abreissen werde, davon 78 Wohnungen, die zum Zeitpunkt des Abrisses noch der Mietzinskontrolle unterstehen. Die ersten Wohnungs-Kündigungen waren schon am Tag zuvor abgeschickt worden. Ob man die von langer Hand geplante Kommunikation nicht stoppen wollte oder nicht stoppen konnte, bleibt das Geheimnis der CS. Es war einer jener Momente, in denen die Bank zeigte, wie sie ihr Verhältnis zu Staat und Gesellschaft sieht. Die Bedürfnisse von Menschen: Interessiert uns nicht. Ein Beschluss des Stadtrats von Zürich: Kein Grund zum Nachdenken.
… und die Mieter
Das im Sommer 2018 von der Wincasa abgegebene Versprechen, man werde „die Mieterschaft rechtzeitig und ausführlich“ informieren, ist auf sehr eigenwillige Art umgesetzt worden. Ein grosser Teil dieser Mieterschaft musste die News von Nachbarn und Freunden entgegennehmen. Einige hatten am Abend eine Abholungseinladung der Post im Briefkasten. Einige staunten, dass bei Ihnen noch nichts im Briefkasten lag.
Hier ist die Hire-and-Fire-Mentalität, wie sie in der angelsächsisch geprägten Bankwelt bei der Entlassung von langjährigen Mitarbeitenden üblich ist, als Blaupause für den Umgang mit Mieterinnen und Mietern genommen worden. Auch für Kenner der Szene ist das ein Novum.
Reden statt kündigen
Ob diese Geschäftspolitik in Zürich eine Zukunft hat, wird sich weisen. Der Mieterverband verlangte nach dem Vorpreschen der CS einen umgehenden Rückzug der voreilig ausgesprochenen Kündigungen und einen Runden Tisch, an dem über die Zukunft des Areals diskutiert wird. Der Stadtrat kündigte an, dass man das Gespräch mit der CS aufnehmen wolle. Auch dem Wunsch der IG Leben im Brunaupark auf eine Aussprache will der Stadtrat nachkommen. Und der Forderung des MV nach einem runden Tisch dürfte man ebenfalls positiv gegenüber stehen.
Jetzt braucht‘s Druck
Was diese Gespräche ergeben, wird unter anderem davon abhängen, wie stark der öffentliche Druck auf die CS in den nächsten Wochen anwachsen wird. Eine Petition ist lanciert. Sie dürfte auf positives Echo stossen. In Zürich sind viele Menschen der Meinung, dass sich private Investoren dem öffentlichen Willen stellen müssen, wenn ihre Bauprojekte Hunderte von Mieterinnen und Mietern betreffen, Nachbarschaften auflösen und ganze Quartiere umpflügen. Wenn sich dieses Konzept einer demokratischen Stadtplanung in der Praxis durchsetzen könnte, würde das die weitere Entwicklung der Stadt nachhaltiger verändern, als alle Partizipationsprojekte.
Kundgebung gegen den Abriss im Brunaupark
Etwa 150 Personen haben sich am gestrigen Mittwochnachmittag, 27. März 2019, auf der Gemüsebrücke versammelt, um gegen den geplanten Teil-Abriss des Brunauparks zu demonstrieren. Nicht nur Mieterinnen und Mieter des Brunauparks waren anwesenden, auch Menschen aus anderen Stadtteilen, die ähnliches erleben, solidarisierten sich.
Medienmitteilung und Medienberichte
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