26.07.2019

Hausbesitzer-Lobby will zu grosses Kuchenstück

Die Lobby der Hausbesitzer setzte sich in der vorberatenden Kommission des Kantonsrats mit ihrer Forderung nach grosszügigen Steuergeschenken bei der Veräusserung von Liegenschaften knapp durch. Die Folge: Jährliche Steuerausfälle von 33 Mio. Franken zulasten von Kanton und Gemeinden. Zur Kasse gebeten würden in der Folge in erster Linie die Mietenden. Für den Mieterinnen- und Mieterverband Ostschweiz ist das völlig inakzeptabel.

Die Regierung war klar gegen eine Änderung des aktuell komplexen, aber gut austarierten Systems bei der Grund­stückgewinnsteuer. Sie befürchtet aus gutem Grund hohe Steuerausfälle. Am 1. März 2016 beauftragte der Kantonsrat die Regierung durch Gutheissung der Motion trotzdem mit der verfahrensökonomischen Verein­fachung. 

Im März 2019 legte die Regierung dem Kantonsrat Botschaft und Entwurf zum XVI. Nachtrag zum Steuer­gesetz vor. Wie vom Kantonsrat gefordert sind darin Anpassungen der Fristen bei der Veräus­serung von Liegenschaften vor­gesehen, die zu den befürchten Steuerausfällen in der Höhe von etwa fünf Millionen Franken führen. 

Hausbesitzende profitieren zulasten der Mietenden
Einer knappen Mehrheit der vorberatenden Kommission war dieses grosszügige Stück Kuchen noch zu klein. Sie fordert zusätzliche Vorteile für die Hausbesitzenden, die gemäss Regierung zu Steuer­aus­fällen von bis zu 33 Millionen Franken jährlich führen würden. Selbst der CVP geht dies zu weit: Aus ihren Reihen stammt die ursprüngliche Forderung nach einer Vereinfachung der Grundstück­gewinn­steuer. Ein klares Zeichen dafür, dass die Kommissionsmehrheit jedes Augenmass verloren hat. 

Der amtliche Schätzwert einer Liegenschaft soll neu schon ab einer Haltedauer von nur 20 statt wie bisher 50 Jahren geltend gemacht werden können. Um entsprechend erhebliche Steuerausfälle zu vermeiden, wollte die Regierung den Steuerrabatt ab einer Besitzdauer von 15 Jahren von 1,5% auf 1% pro Jahr kürzen. Davon will eine knappe Kommissionsmehrheit nichts wissen: Die Hausbesitzenden sollen zulasten der Allgemeinheit von einem noch grösseren Stück Kuchen profitieren dürfen. 

Ruedi Blumer: «Vorgehen der Kommission ist verantwortungslos»
Eine deutliche Mehrheit von über 60% unserer Bevölkerung sind Mietende. Ihre Wohnkosten sind trotz an­haltend rekordtiefer Hypothekarzinsen in den letzten Jahren kaum gesunken. Profitiert haben hin­gegen Haus­besitze­rin­nen und -besitzer. Ruedi Blumer hält als Präsident des Mieterinnen- und Mieter­verbands Ostschweiz fest: «Das Vor­gehen der knappen Kommissions­mehrheit ist verantwortungslos. Vom Entscheid profitiert eine ohnehin privi­le­gier­te Bevölkerungsgruppe, die auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren erhebliche Gewinne ein­strich. Den Steuerausfall tragen müsste die Allgemeinheit, in erster Linie die Mieterinnen und Mieter. Das ist inakzeptabel.» 

Mieterverband würde Referendum unterstützen
Der Mieterinnen- und Mieterverband ist klar der Meinung, dass die Revision der Grundstück­gewinn­steuer keiner­lei Steuerausfälle verursachen darf. Der Steuerrabatt bei der Besitzdauer von Liegen­schaften ist so weit zu redu­zieren, dass dieses Ziel erreicht wird. Sollte sich der Kantonsrat im Sinne der Kommission entscheiden, wird der Mieterinnen- und Mieter­verband ein allfälliges Referendum unterstützen.