09.01.2025
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Medienmitteilung

Altfälle 2022/23: Oberstes Gericht belohnt dreiste Investoren

In Fällen nach altem Recht ist die Absicht des Wohnschutzgesetzes, dreiste Rendite-Investoren zu «päggle» und die Fairvermietenden besserzustellen, gescheitert, soweit es nach dem Verwaltungsgericht geht. Dessen Entscheid belohnt im Ergebnis all jene, die noch rasch-rasch zwischen Volksabstimmung (November 2022) und Gesetzesbeginn (Mai 2023) ein Baugesuch gestellt hatten.

Das wenige Positive vorweg: Das geltende Wohnschutzrecht ist in keiner Weise betroffen, und sein positiver effekt mit den bereits heute über 1'300 neu geschützten Wohnungen macht Hoffnung für die künftig betroffenen Mietparteien. Vielmehr beschränkt sich die präjudizielle Wirkung des 25-seitigen Entscheids, den das oberste kantonale Gericht heute zugestellt hat, auf weniger als eine Handvoll umstrittener Wohnschutzfälle, die ihren Ursprung noch vor Inkrafttreten des Wohnschutzgesetzes am 28. Mai 2022 haben.

 

Wohnschutzgesetz will Investoren mit Umgehungsabsichten «päggle»

Ärgerlich ist der Entscheid allemal. Denn er hebt eine Übergangsbestimmung im Wohnschutzgesetz auf, die extra dazu gedacht war, zu verhindern, dass Investoren noch rasch-rasch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes ein Baugesuch einreichen und vom alten Recht profitieren können, welches noch keinen Wohnschutz vorsah. Solche Fälle, in denen noch ein paar Tage vor Inkrafttreten unter dem Titel «Baugesuch» einige Pläne eingereicht worden waren (die dann später meist grundlegend «abgeändert» wurden), um die neuen Schutzvorschriften zu unterwanden, betreffen Mietparteien einzelner Liegenschaften und Überbauungen bis heute.

§ 22a des Wohnschutzgesetzes soll diese Umgehungsversuche unterbinden, indem er solche alten Baugesuche nach neuem Recht beurteilt haben will, sobald es zu einem Rekursverfahren kommt. Somit würden die Fairvermietenden «in Ruhe gelassen», während eine Handhabe gegen die «Unterwanderungs-Investoren» besteht.

 

Gericht: Grundrechte zugunsten der dreisten Investoren

Dass die damaligen dreisten Investoren «pägglet» werden sollen, wird nun vom Verwaltungsgericht als bundesrechtswidrig bezeichnet. Es legt die auch von uns hoch gehaltenen Grundrechte («Gleichbehandlungsgrundsatz», «Verhältnismässigkeitsprinzip», «Willkürverbot», «Vertrauensschutz») zugunsten jener dreisten Investoren aus. Die dagegen stehenden öffentlichen Interessen gewichtet es in seiner formalistischen und rabulistischen Argumentation als geringer. Billigend nimmt es damit auch in Kauf, dass die Dreistigkeit auf dem Immobilienmarkt damit noch gefördert wir, dies zudem zulasten der Fairvermietenden.

 

Wenige, aber stark betroffene Mietparteien

Einschneidende Wirkung hat der Entscheid für die betroffenen Gundeli-Mietparteien. Sie sehen sich mit einem reinen Rendite-Projekt konfrontiert – die Küchen kämen von der Vorderseite weg zur grünen Hinterhofseite, umgekehrt würden die Schlafzimmer vom hinteren Grün neu zur lärmigen Durchgangsstrasse verlegt werden –, für das sie dann ohne den Schutz des neuen Wohnschutzgesetzes auch noch mehrere hundert Franken mehr bezahlen müssten. Sie wie auch der MV Basel müssen einen Gang zum Bundesgericht ernsthaft prüfen.

Immerhin hat der Entscheid auch Auswirkungen auf allfällige künftige Wohnschutzinitiativen. Da entgegenkommende («sanfte») Übergangsbestimmungen offensichtlich beim Verwaltungsgericht nicht gut ankommen, wird wohl eine künftige Initiative bereits am Montag nach dem Abstimmungssonntag in Kraft treten müssen, um den diesmaligen investorischen Missbrauch zu verhindern.