Grosser Rat schützt den Wohnschutz vor der Regierung
Bis längstens 15. August müssen die Behörden den Wohnschutz bevölkerungsnah neu organisieren und die Bürokratie radikal abbauen. Dies hat der Grosse Rat ohne Gegenstimme beschlossen. Zugleich verlangt er, dass die Regierung keinerlei Zugriff mehr auf die Wohnschutz-Kommission nimmt und deren Unabhängigkeit anerkennt. Es ist die zweite Schlappe nach dem Scheitern am Bundesgericht.
Das neue Wohnschutzgesetz soll den Mietparteien sowie auch Fairvermietenden entgegenkommen und umgekehrt rein Rendite-orientierte und unökologische Investoren zur Kasse bitten, so die Intention des Gesetzgebers. Dies bekämpft die Regierung mit ihrem Gegenkonzept in Form einer Verordnung, welche die Absichten ins Gegenteil verkehrt, Fairvermietende mit Monsterbürokratie benachteiligt und andererseits Rendite-Investoren tendenziell beschützt.
Dieses «verdrehte» Gegenkonzept der Regierung beruht im Wesentlichen auf drei Pfeilern: Rückkehrrecht, überbordende Bürokratie und Mietzinsformel. Zwei ihrer drei Pfeiler sind nun im Einsturz begriffen. Zunächst hat das Bundesgericht als Judikative vor zwei Wochen das «Rückkehrrecht» erwartungsgemäss als bundesrechtswidrig gecancelt. Und jetzt hat der Grosse Rat als Legislative die überbordende Bürokratie beseitigt.
Einstimmiger Grosser Rat: Niederschwelliger und unabhängiger Wohnschutz!
Die «Motion Thüring» ist am Mittwoch mit 76 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) nach fulminanten regierungskritischen Voten von Rechts bis Links in seltener Einmütigkeit zweitüberwiesen worden.
Sie fordert die Regierung verbindlich auf, innert sechs Monaten – also bis zum 15. August 2023 – unter anderem folgende Massnahmen zu treffen:
> Die Unabhängigkeit der Wohnschutz-Kommission ist in jeder Hinsicht zu garantieren und ebenso, dass künftig weder sie – die Regierung – selber noch deren Behörden Zugriff auf diese unabhängige Kommission nehmen.
> Sämtliche Formulare (von heute bis zu 18 Seiten) sind radikal zu vereinfachen, ihre Anzahl und ihre Länge sind radikal zu kürzen, ihre Inhalte sind auf das absolute Minimum zu beschränken und ihre Nutzung ist niederschwellig und benutzungsfreundlich auszugestalten.
Forderungen der Motion Thüring sind vollumfänglich rechtlich zulässig
Die Regierung scheiterte im Grossen Rat auch mit ihrer Auffassung, die Motion sei rechtlich teilweise nicht zulässig, weil die Regierung frei sei, den Umfang und die Komplexität ihrer Formulare zu bestimmen. Doch selbst die mit «Ja» stimmenden zehn juristisch ausgebildeten Ratsmitglieder (darunter mehrere ehemalige Gerichtspräsidenten) blieben anderer Meinung. Die Forderungen der Motion sind also vollumfänglich rechtlich zulässig.
Nun ist die Regierung, sprich das Präsidialdepartement, gezwungen, die bisherige Praxis innert kürzester Zeit radikal zu vereinfachen und die entsprechend grossen Ressourcen herunterzufahren. Ob sie, die im Vorjahr mit Akribie einen Wohnschutz-Apparat aufbauen liess, zur Umkrempelung ihrer Verfahren und zur umfassenden Streichung ihrer Dokumente fähig sind, wird sich zeigen. Andernfalls ist daran zu denken, eine externe Stelle damit zu beauftragen.
Ab 15. August 2023 endlich die niederschwellige Wohnschutz-Missbrauchsgesetzgebung!
Der MV Basel 1891 erkennt in der Motion Thüring auch Auswirkungen auf die regierungsrätliche Verordnung, die ebenfalls drastisch vereinfacht werden kann und muss. Er wird den Rückbau der Bürokratie und die Verwesentlichung hin zum von der Bevölkerung gewünschten niederschwelligen Wohnschutz-Missbrauchsgesetzgebung kritisch begleiten.
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