Das Kantonsgericht gibt der Basler Regierung recht
Die Basler Regierung dürfe Vorschläge des Basler Mieterinnen- und Mieterverbands übersteuern und seine sämtlichen Vorstandsmitglieder von der Paritätischen Wohnschutzkommission ausschliessen. Dieser nach 7½ Monaten gefällte Entscheid des Verwaltungsgerichts scheint geeignet, die Verbandsautonomie auszuhebeln.
Das einzig Positive vorweg: Das Verwaltungsgericht behaftet die Basler Regierung darauf, dass der Basler Mieterinnen- und Mieterverband (MV Basel 1891) als jahrzehntelanger Träger des Verbandsbeschwerderechts das Vorschlagsrecht auch für die Paritätische Wohnschutzkommission besitzt. So steht es im heute zugestellten 16-seitigen Entscheid vom 4. Juli 2023, auf den die interessierten Verbände seit fast acht Monaten gewartet haben.
Die Regierung hatte dieses Vorschlagsrecht im Jahr 2022 mehrfach schriftlich zugesichert, zuletzt aber in ihrer Antwort auf den MV-Rekurs plötzlich bestritten. Sie muss sich nun vom obersten Kantonsgericht «widersprüchliches Verhalten («venire contra factum proprium»)» vorwerfen lassen: «Aufgrund der Verpflichtung der staatlichen Organe zum Handeln nach Treu und Glauben» sei «von einem dem Verband konzedierten Vorschlagsrecht auszugehen».
Ein Pyrrhussieg?
Doch inhaltlich folgt das Verwaltungsgericht fadengrad der Linie des Regierungsrats, der pauschal jedes Vorstandsmitglied des MV Basel von der Paritätischen Wohnfachkommission ausschliessen möchte – dies wegen der abstrakten Möglichkeit einer «Befangenheit». Diese bestehe darin, dass im Anschluss an eine Verfügung der Wohnschutzkommission, an der ein gewähltes Mitglied des MV Basel mitbeteiligt ist, der Vorstand des MV Basel sein gesetzliches Verbandsbeschwerderecht ausüben und somit an eine obere Instanz gelangen könne.
Unberücksichtigt lässt das Kantonsgericht dabei die Tatsache, dass das gewählte Mitglied der Kommission ja gerade nicht mit Instruktionen jenes Vorstands stimmt, der womöglich im späteren Verfahrensverlauf eine Beschwerde erwägen könnte. Nicht gelten lassen will das Gericht auch, dass im Einzelfall – bei tatsächlich möglicher Befangenheit – jede gewählte Person ja sowieso in Ausstand tritt, wie dies in jedem anderen Gremium auch der Fall ist.
Verbandsautonomie ausgehebelt?
So schiebt das Kantonsgericht den Umstand beiseite, dass es ja gerade den Zweck einer paritätisch zusammengesetzten Behörde darstellt, die unterschiedlichen Standpunkte – hier Miet- und Vermiet-Interessen – einzubringen. Der Entscheid könnte daher auch konkrete Auswirkungen auf weitere Verbände und NGOs haben, bei denen einzelne Funktionärinnen und Funktionäre in Paritätischen Gremien Einsitz nehmen. So gesehen gefährdet der Gerichtsentscheid auch die den Paritätischen Kommissionen innewohnenden Zielsetzungen, zum Sozialen Frieden beizutragen.
Im Weiteren bedeutet der Verwaltungsgerichtsentscheid, dass in Paritätischen Kommissionen tendenziell genau jene Fachleute, die in der Regel in Vorständen und in Geschäftsleitungen zu finden sind, von der auf gütliche Einigung zielenden Paritätischen Kommissionstätigkeit ausgeschlossen bleiben würden.
Weiteres Vorgehen
Trotz Sommerferienzeit, trotz Grossaufwand zugunsten der Rechtsberatungen (Massenaufschläge wegen Referenzzinssatzanstiegs) und trotz Basler Abbruchwelle wird der MV Basel 1891 den 16-seitigen Verwaltungsgerichtsentscheid sorgfältig analysieren und, falls juristisch Aussicht auf Erfolg besteht, ans Bundesgericht weiterziehen.
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