22.09.2023
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Medienmitteilung

Baugericht stärkt den Wohnschutz gleich doppelt

Ein Entscheid des Baugerichts enthält zwei positive Grundsätze zugunsten des Wohnschutzes und zugunsten von von Rendite-Sanierungen betroffenen Mietparteien. So fallen Rekurse gegen ältere Baugesuche stets unter das neue Wohnschutzgesetz. Und die Regierungsverordnung ist «nicht anzuwenden», soweit sie den Rekursweg für Mietparteien gesetzwidrig erschwert.

Nur drei Tage bevor das Wohnschutzgesetz am 28. Mai 2022 in Kraft trat, liess eine Vermieterschaft ihr Baugesuch publizieren. Rasch rasch hatte sie es am 11. Mai 2022 eingereicht. Das damals beliebte Vorgehen sollte wohl die von der Bevölkerung gutgeheissenen neuen Regeln gegen überrissene Sanierungen aushebeln.

Schlafzimmer: Strassen- statt Gartenseite?

Das Umbauprojekt der Vermieterschaft scheint Rendite-orientiert. Alle Schlafzimmer, die seit 1947 nach hinten ins Grüne gehen, sollen nach vorn zur lärmigen Gundeldingerstrasse verlegt werden und dort die Küchen ersetzen. Denn neu soll «im Grünen» gekocht und zur Strasse geschlafen werden.

Solche Raumveränderungen, bekannt vom CS-Projekt Schorenweg, generieren erfahrungsgemäss hohe Investitionskosten, die dann mietrechtlich auf die neuen Mietzinse geschlagen werden können. Dies wollten sich die langjährigen Mietparteien nicht gefallen lassen. Sie erhoben, unterstützt vom MV Basel, Einsprache. Doch das Bauinspektorat beurteilte das Baugesuch noch nach altem Recht, also ohne die Fragen des Wohnschutzes zu prüfen, und bewilligte die Umbauten telquel.

Wohnschutz darf nicht umgangen werden

Trotz der Kostenrisiken entschlossen sich die älteren Mietparteien zu rekurrieren. Und das mit Erfolg. Soeben entschied das Baugericht (Baurekurskommission) zu ihren Gunsten. Das Baugesuch muss an das Bauinspektorat zurück, und dieses muss das neue Recht anwenden. Der Umbau könnte also nur bewilligt werden, wenn er vollumfänglich dem Wohnschutz entsprechen würde.

Dass der Umgehungsversuch der Bauherrschaft erfolglos bleibt, ist unserer Wohnschutzinitiative zu verdanken, die in weiser Voraussicht bestimmt, dass nach altem Recht begonnene Bauverfahren in der Rekursinstanz zum neuen Recht wechseln müssen. Daher scheiterte das «Buebetrickli» der Bauherrschaft, ihr Dossier siebzehn Tage vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes einzureichen.

Gericht: Regierungsverordnung fehlerhaft

Auch die Regierung bekommt im selben Entscheid ihr Fett ab. Laut ihrer Verordnung zu unserem Wohnschutzgesetz hätten Mietparteien gegen einen Bauentscheid mit zwei unterschiedlichen Rekursen an zwei verschiedene Gerichtsinstanzen vorzugehen. Diese Verordnung – vom MV Basel stets als teilweise gegen das Recht und den Volkswillen verstossend kritisiert – wird nun erstmals auch von einem Gericht in einem wesentlichen Punkt für gesetzwidrig erklärt. Die Regierungsverordnung ist in ihrem § 23 Absatz 1, so die Baurekurskommission (BRK), «dementsprechend nicht anzuwenden».

Diese Verdoppelung der Rekurswege widerspricht gemäss Ziffer 14 des BRK-Entscheids vom 13. September 20231 dem Raumplanungsgesetz des Bundes:«Soll die Realisierung von Umbau-, Renovations- und Sanierungsvorhaben, die über den einfachen ordentlichen Unterhalt hinausgehen, also abhängig sein von der Einhaltung der wohnschutzrechtlichen Bestimmungen», so sei das Verfahren «in geeigneter Weise zu koordinieren. Diesen Anforderungen genügt die vorgesehene Zweiteilung des Bewilligungsverfahrens nicht».

Gut für künftig betroffene Mietparteien

Diese Ungültigerklärung ist sehr wichtig für Mietparteien, die im Sinne des Wohnschutzes ein überrissenes Bauprojekt kritisieren. Sie können sich ab sofort auf ein einheitliches Rekursverfahren konzentrieren. Dass dies noch immer kostspielig genug ist (ein grossrätlicher Vorstoss gegen die Kostenfalle bei Quartierbauten ist weiterhin hängig), bleibt ein Wermutstropfen.

 

1 Noch nicht rechtskräftig