Bern vergisst die Mieter/innen – Basel soll einspringen
Der Bundesrat hat die Mietparteien vergessen. Der Basler Regierungsrat soll einspringen und mit kantonalen Notmassnahmen (Kantonsverfassung § 109) alle Fristen sistieren, Kündigungen stoppen, Wohnungssanierungen untersagen und den in finanzielle Nöte geratenden Wohnungs- und Geschäftsmietparteien wie Coiffeusenläden ebenso rasch Hilfe leisten wie «der grossen Wirtschaft».
In einem Schreiben von gestern Abend wendet sich der Basler Mieterinnen- und Mieterverband (MV Basel 1891) an den Gesamtregierungsrat. Er bittet eindringlich, «alles Mögliche und alles Notwendige vorzukehren, um jegliche Nachteile für betroffene Mietparteien zu vermeiden». Das Schreiben erwähnt Mietprobleme, die im Widerspruch zu den BAG-Empfehlungen stehen:
1. Ausweisungen und Zwangsräumungen (Schutz vor «Rechtsschutz in klaren Fällen»).
2. Kündigungen und Umfassende Sanierungen.
3. 30-Tagesfristen für Einsprachen bei Anfechtungen insbesondere von Kündigungen und Mietvertragsänderungen.
4. Pflicht zu Suchbemühungen nach Kündigungen.
5. Verhandlungen vor Mietschlichtungsstelle, vor Mietgericht und vor Obergericht.
Das Schreiben plädiert für unbürokratische Hilfe bei Zahlungsnot von Wohnungs-Mietparteien sowie finanzielle Abgeltung bei unverschuldeter Zahlungsnot von KMUs wie Cafés oder Coiffeuseläden. Gegen 5 Prozent der rund 11'000 MV Basel-Mitglieder sind KMUs.
Kündigungs- und Sanierungsstress stoppen
Die Regierung soll juristisch und auch sonst darauf hinwirken, dass erfolgte Kündigungen auf Eis gelegt und anstehende Kündigungen verhindert werden. Bei geplanten Umzügen soll sowohl den bisherigen wie den nachfolgenden Mietparteien Unterstützung gewährt werden, und die per April und den Folgemonaten angekündigten umfassenden Sanierungen mit Handwerksleuten in der Wohnung, mit offenen Türen etc. sind abzubrechen.
Mietparteien und faire Vermieter miteinbeziehen
Die Vermieterseite soll dabei fair mitbeteiligt werden. Dabei ist zu unterscheiden. (Massen-) Kündigungen von institutionellen Anlegern wie der Credit Suisse oder den anonymen Zürcher Fonds können problemlos auf Eis gelegt werden. Aber auch «kleine» private Vermieter erleiden durch behördlich angeordnete Kündigungsstopps in aller Regel keinerlei Nachteile. Im Einzelfall ist der MV Basel bereit, bei regierungsrätlichen Sofortmassnahmen gemeinsam mit den Sozialpartnern zu vermitteln und Lösungen zu finden.
Rechtlich: Überschiessende kantonale Notstandsmassnahmen
Nicht ganz einfach ist die rechtliche Beurteilung solcher kantonaler öffentlichrechtlicher Sofortmassnahmen im Mietwohnschutzbereich. Laut § 109 der Basler Kantonsverfassung kann der Regierungsrat Notmassnahmen ergreifen, was er ja bereits getan hat. Dies sollte auch für Massnahmen gelten, die über das Bundesnotrecht hinausgehen, also «überschiessend» sind.
Eine Voraussetzung ist die Verhältnismässigkeit. Diese ist angesichts der Nöte eines Teils der Wohnungs- und KMU-Mietparteien und angesichts der Untätigkeit des Bundes nach Meinung der Mieterverbände offensichtlich.
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