Zonenplan-Revision: Verfassungswidrig!
Der Zonenplan-Ratschlag verstösst gegen die neue Kantonsverfassung. Die Regierung hätte ihn nicht überweisen dürfen, jetzt muss sie ihn zurückziehen. Der Grosse Rat ist vor 310 Seiten Sisyphusarbeit zu schützen. Der MV Basel prüft alle politischen und rechtlichen Massnahmen zugunsten vom Wohnschutz.
Dieser Regierungsbeschluss ist eine Provokation für alle 27‘600 Stimmberechtigten, die vor zwei Wochen «Ja» gestimmt haben – und nun nur neun Tage später mit einer Zonenplan-Revision konfrontiert werden, bei der ungefähr jede der 310 Seiten im Widerspruch steht zur neuen Kantonsverfassung, die mit glasklaren 61,86 Prozent «Ja» vom Volk beschlossen worden ist.
Sanfte Sanierungen – Regierung lehnt sie ab, trotz Verfassung
Im Zonenplan-Bericht schwärmt die Regierung von ihrer bisherigen Abbruch-Bilanz (Seite 17):
• «In der Wohnungsbilanz der letzten zehn Jahre resultierten von den rund 1’200 zusätzlichen Wohnungen durch Verdichtung auf bereits bebauten Flächen rund 80% aus Abriss und Neubau».
Nun will die Regierung mit ihrem neuen Zonenplan noch mehr Abbrüche:
• «Der Wohnungszuwachs durch die kleinteilige Nachverdichtung im Bestand erfolgt primär über Abriss und Neubau».
Abbrüche sollen also weiterhin gut sein – sanfte Sanierungen aber nicht:
• «Weniger tief eingreifende Verdichtungsformen wie An- und Ausbauten» würden «per Saldo eher für die Schaffung grösserer Wohnungen und für besseren Wohnkomfort genutzt».
Anders die neue Verfassung: Sie sieht vor, dass die Wohnbevölkerung «vor Verdrängung durch Kündigungen und Mietzinserhöhungen wirksam geschützt» wird.
Quartiere schützen – Regierung will vermehrt abbrechen, trotz Verfassung
Überall in den Quartieren findet die Regierung «Spielräume der Innenverdichtung», dies «vor allem auf dem Bruderholz, im Hirzbrunnenquartier und in einzelnen Teilgebieten der Quartiere Wettstein, Lehenmatt, Bachletten, Gotthelf und Iselin». (Seite 12)
Das sind für sie «Gebiete mit überdurchschnittlichen Mobilisierungschancen» (Seite 11). Mit «Mobilisierung» meint sie letztlich Ansporne für Eigentümer, die «Nutzungsreserven» zu realisieren und «den heutigen Durchschnitt von rund 8% pro Dekade» zu erhöhen.
Anders die neue Verfassung: Sie sieht Massnahmen vor, «die den Charakter der Quartiere, den aktuellen Wohnbestand sowie die bestehenden Wohn- und Lebensverhältnisse bewahren».
Neubauinvestitionen – Regierung sieht die Mieter/innen als Milchkühe, trotz Verfassung
Soziale Abfederung sieht der Zonenplan-Ratschlag nicht vor (Seite 20): Es handle sich «bei der überwiegenden Zahl der Wohnungszunahmen durch Nachverdichtungsmassnahmen um Abrisse und Neubauten mit erheblichen Investitionen, die über Mietzinsen zu refinanzieren sind».
Anders die neue Verfassung – Sie sieht unter anderem «Bewilligungspflicht verbunden mit Mietzinskontrolle bei Renovation und Umbau sowie Abbruch von bezahlbaren Mietwohnungen» vor.
Wohnraumfördergesetz – Regierung stützt sich uneingeschränkt darauf, trotz Verfassung
Das Wohnraumfördergesetz ist seit dem 10. Juni 2018 veraltet. Doch der Bericht stützt sich voll und ganz darauf: Es erlaube, «dass grundsätzlich Abbruchbewilligungen immer erteilt werden, wenn in der Folge mindestens gleich viel Wohnraum entsteht». Und weiter (Seite 182): «In der Zonenplanrevision ist die Innenverdichtung als ein eigentlicher Schwerpunkt explizit verankert».
Anders die neue Verfassung: Sie sieht vor, «den Erhalt bestehenden bezahlbaren Wohnraums in allen Quartieren» zu fördern.
Im gesamten 310 Seiten dicken Zonenplan-Bericht fehlt in der Kantonsverfassung, die am 5. oder 12. Juli formell in Kraft tritt, jeglicher Hinweis auf die neue Rechtslage und den Wohnschutz.
[Autor: Beat Leuthardt, Leiter Rechtsabteilung MV Basel 1891]
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