08.03.2016
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Medienmitteilung

Erstmals 4 volle Jahre Schutz bei Kündigungen

Wohl erstmals seit Menschengedenken erhalten gekündigte Mietparteien im Kanton Basel-Stadt den vom Gesetz vorgesehenen maximalen Aufschub von vier Jahren. Ohne den MV Basel wäre der Erfolg wohl nicht möglich geworden.

Man muss weitherum suchen, um bei unverschuldeten Kündigungen eine derart restriktive und unsoziale Praxis zu finden wie jene der Basler Schlichtungs- und Gerichtsinstanzen.
Gerade Massenkündigungen werden in aller Regel durchgewinkt und kaum je ernsthaft auf ihre Missbräuchlichkeit hin abgeklopft. Und selbst das Recht, noch etwas länger in der eigenen Wohnung zu bleiben, wird hierzulande soweit möglich abgewürgt - grassierende städtische Wohnungsnot hin oder her. 

Basler «Strafmass»: 1 Jahr Aufschub

Zwar sieht das Bundesrecht Aufschub von immerhin vier Jahren über den Kündigungstermin hinaus vor. Doch weder an der Utengasse noch an der Bäumleingasse erinnert sich jemand daran, je einen Aufschub von vollen vier Jahren - oder auch nur schon annähernd - gewährt zu haben. Schon drei Jahre wären eine kleine Sensation.
In Basel lautet das übliche «Strafmass» für unschuldig Gekündigte: «ein Jahr Erstreckung». Unklar bleibt, wie ein winziges Jährchen ausreichen soll, um die durch Kündigungen entstehenden Verwerfungen in einem bisher geordneten Leben auch nur einigermassen zu glätten und erst noch eine bezahlbare, vergleichbare Mietwohnung zu finden. 

«Almosen» selbst für eine 94- und eine 98-Jährige

Noch schlimmer ist es in Basel für rüstige Mietparteien in fortgeschrittenem Alter. Mehr als ein Jahr Aufschub zu erhalten ist keineswegs ein Leichtes.
Und an «3 Jahre Erstreckung» erinnert sich niemand der befragten Mieterschutzanwält/innen.
Unrühmliche Tiefpunkte der Basler Schlichtungspraxis waren zwei jüngere Entscheide gegen zwei über 90-jährige tapfere und rüstige Frauen:

Frau G. aus den nun geschleiften Rosentalhäusern hatte von der Basler Schlichtungsbehörde gerade mal 2 1/4 Jahre Aufschub erhalten - als 98-Jährige!

Frau V., damals 94-jährig, wurde von allen Basler Instanzen mit einem einzigen Jahr (!) abgespeist - was das Bundesgericht dank einem MV Basel-Vertrauensanwalt korrigierte.

Die Sensation von der Utengasse - ein Einzelfall?

Der gestrige Vergleich der Basler Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten ist deshalb als Sensation zu werten: Die vollen vier Jahre Erstreckung haben sechs Mietparteien erhalten. Sie hatten sich im Rahmen einer Sammelklage des MV Basel gegen die kurz vor Weihnachten ausgesprochenen Massenkündigungen zur Wehr gesetzt. Davon profitieren auch zwei rüstige Ehepaare im Alter von 77, 79, 80 und 83 Jahren.
Wesentlichen Anteil am Vollerfolg dürfte, nebst dem Rechtsexperten des MV Basel und der Vertrauensanwältin, auch die Mietervertreterin in der Schlichtungsstelle gehabt haben.

Dass gestern in Basel der Grundstein zu einer sozialen und fairen Rechtsprechung zu Kündigungen und Erstreckungen gelegt worden wäre, ist allerdings nicht anzunehmen.

[Autor: Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter MV Basel 1891]